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Ich liebe dich, so wie du bist – Andre Stern im Gespräch mit Veit Lindau – Folge 76

Beim folgenden Text handelt es sich um automatisch generierte Zeilen des von Veit Lindau eingesprochenen Podcasts. Diese wurden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz korrigiert, sodass sie weitgehend korrekt sind. Für etwaige Fehler entschuldigen wir uns. Den Originalpodcast kannst du über die untere Player-Leiste hören.

Hey ihr Lieben, auf diesen Podcast-Gast habe ich mich ganz, ganz besonders gefreut. Im
wahrsten Sinne des Wortes treffe ich auf den Dächern von Paris – André Stern. Bitte, bitte hört
euch diese Podcast-Episode an und lasst euch berühren.
Sie erzählt so, so viel darüber, welches unglaublich schöne Potenzial jedes Kind mit auf die Welt
bringt und was wir Großen tun können, dieses Potenzial zu beschützen. Es nicht zu erziehen,
sondern ihm Raum zu geben, sich zu entfalten.
Viel Freude bei meinem Gespräch mit André Stern. Ihr Lieben, Zuhörerinnen und Zuhörer,
herzlich willkommen bei meinem Podcast „Seelengevögelt“, heute mit einem ganz besonderen
Gast, über den ich von vielen von euch hingewiesen wurde und oft die Bitte gehört habe: Ihr
müsst zusammenfinden.
Und tatsächlich haben wir uns gefunden, ganz romantisch auf den Dächern von Paris. Herzlich
willkommen, André Stern. Hallo, ja das freut mich sehr, dass wir zusammenkommen und
tatsächlich sind wir auf den Dächern von Paris.
Ja, André, vielen, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Ich habe mich wirklich sehr
darauf gefreut, weil du mit deinem Lebensweg und mit dem, was du machst, eines der, glaube
ich, heikelsten und heißesten Themen der heutigen Zeit berührst, nämlich: Wie sollte oder wie
kann ein Kind heutzutage aufwachsen?
Bevor wir da näher einsteigen, möchte ich dir gerne eine Frage stellen, die ich allen meinen
Gästen stelle: Wie würdest du einem fünfjährigen Jungen erklären, was du eigentlich so tust
und treibst im Leben?
Einem fünfjährigen? Ich bin ja selbst ein Kind, somit habe ich keine Mühe, einem Kind zu
begegnen. Einem Kind würde ich sagen: Ich tue weiterhin dasselbe, wie du eigentlich tust oder
wie du tun würdest, wenn man dich lassen würde.
Ich spiele. Und dies seit eigentlich 48 Jahren. Wahrscheinlich bin ich auch ein Kind, einer der
wenigen Ausnahmen, und sie fragen mich immer wieder, wie das möglich ist, dass ich ja als
Ausnahme stehe, wo ich das das Natürlichste erlebe und auch das, das, das erlebe, was jedes
Kind erleben würde, wenn man, wenn man diesem Kind vertrauen würde.
Wieso stehe ich hier als Ausnahme und kann nur ich die Frage beantworten, was wird aus
einem Kind, das 48 Jahre lang in seinem Spiel nicht unterbrochen worden ist. Ich glaube, ein
fünfjähriges Kind würde ganz gut verstehen, was ich meine, wenn ich sage: Ich spiele.
Ich habe vorhin gerade in einer Biografie gestöbert und wir sind fast gleich alt. Ich bin ja älter als
du und ich finde es ganz spannend, weil wir, glaube ich, in absolutem Gegenentwurf
aufgewachsen sind.
Also ich bin in Ostdeutschland groß geworden, ich bin wirklich sehr klassisch in die Schule
gegangen, zwölf Jahre lang. Du hast gar keine Schulbank gedrückt. Und ich sage jetzt einfach
mal: Aus dir ist was geworden, würden Erwachsene sagen.
Wie geht das? Das ist die alte Idee, die wir haben, nicht wahr? Das sind die alten Konzepte und
Erfahrungen, die wir haben, und wir hinterfragen sie nicht wirklich. Aber es stimmt nicht, dass
ein Kind, das nicht in die Schule geht, nichts lernt.

Denn jeder von uns lernt ja ständig und das Kind ja ganz besonders. Eigentlich gibt es keinen
Grund dafür, dass das Kind seine Lernfreude, seine Lernlust verliert. Eigentlich, jedes Mal, wo
ein Kind seine Lernfreude verloren hat, ist es einerseits ein Verbrechen gegen die Menschheit
und zweitens eine Frage an uns: Was ist da passiert?
Denn es müsste eigentlich gar nicht sein. Und ich glaube, das Kind verliert seine Freude am
Lernen, wenn Lernen etwas wird, das man tut. Und Lernen ist nicht etwas, das man tut, Lernen
ist etwas, das einem passiert, das mit einem geschieht.
Also auswendig Lernen, das kann man tun. Das ist ja auch etwas, wo man sich zwingen kann
oder andere anregen oder gar zwingen kann. Aber Lernen kann man bekanntlich – also ich
arbeite ja mit Wissenschaftlern zusammen – und Lernen, inzwischen weiß man: Lernen kann
man erst, also nein, Lernen kann man gar nicht.
Denn unser Gehirn ist ja nicht für die Speicherung von Informationen optimiert, sondern für die
Lösung von Problemen. Und wir speichern eine Information erst dann, wenn sie uns, wenn sie
die emotionalen Zentren aktiviert und die werden zum Beispiel nicht aktiviert, wenn wir etwas
auswendig lernen müssen, sondern wenn eine Information uns trifft und berührt.
Und die einzige Beschäftigung, die diese emotionalen Zentren ja ständig aktiviert, ist ja
bekanntlich das Spiel. Und somit müssten wir eigentlich als Gesellschaft uns ganz bewusst
sein, dass erstens das ein unglaubliches Geschenk ist, dass wir mit diesem Hang und diesem
Drang zum Spiel auf die Welt gekommen sind, aber dass das auch eine große Einladung zum
Vertrauen ist, denn wer so gut ausgestattet ist,
müsste eigentlich ganz voll Vertrauen sein in sich und in die Kinder dieser Welt. Und das, was
mir passiert ist, noch einmal, das, was mir passiert ist, ist wirklich das, was jedem Kind
passieren würde, ausnahmslos.
Denn die Kinder sind Potenzialbomben, die Kinder können alles werden und alles lernen und
die wissen es. Sie haben die Potenziale noch nicht so entwickelt, dass diejenigen, die nützlich
sind, entwickelt worden sind und die, die nicht nützlich sind, verschwunden sind.
Für ein Kind sind alle Potenziale nützlich und wichtig und relevant. Und somit sind die Kinder die
Hüter unserer Potenziale und ich weiß gar nicht, was wir uns für Sorgen machen und warum wir
denken, dass ein Kind, das nicht zum Lernen gebracht wird,
erstens, nichts zu lernen, und zweitens, nichts wird. Das ist eine Idee, die wir haben, aber
bestätigt hat es sich noch niemals. Ich glaube, das Problem ist ja, gerade in so einem Land wie
Deutschland, auf der einen Seite, dass viele Eltern selbst das Vertrauen in ihre eigene
Lernfähigkeit verloren haben, weil sie auch durch so ein Schulsystem gegangen sind.
Und zweitens gibt es natürlich auch juristische Probleme in einem Land wie Deutschland, wenn
du dich entschließt, dein Kind komplett rauszunehmen. So, wie ist das bei dir passiert? Also, du
kommst aus einer sehr besonderen Familie, finde ich.
Du hast deinen Vater in einem deiner Bücher auch deinen Freund genannt. Das hat mich sehr
berührt, als ich das gelesen habe. War das eine sehr bewusste Entscheidung deiner Eltern? Ist
es einfach so passiert?
Also, der legale Rahmen um solche Entscheidungen ist ziemlich restriktiv. So wie eigentlich die
Tatsache, in die Schule zu gehen oder nicht in die Schule zu gehen, für mich rein, Matia, also
rein in der Sache der Organisation ist.
Viel wichtiger scheint mir die Sache der Haltung. Und deshalb preise ich keine Methode an oder
kritisiere keine andere. Es geht mir nicht darum zu sagen, es gibt gute oder schlechte

Methoden, denn das glaube ich einfach nicht.
Es geht darum, wie viel Vertrauen wir in das Kind haben. Und das hatten meine Eltern. Also
hundertprozentiges Vertrauen in das Kind. Also wirklich ohne Misstrauensantrag, wie das die
ganze Gesellschaft, die ganze Zeit ausspricht, dem Kind gegenüber.
Und es waren ja mehrere Fragen in deiner Frage. Ich sehe auch noch eine wichtige. Die
heutigen Erwachsenen haben dieses Selbstbewusstsein ja deshalb verloren, weil man ihnen ja
ständig gesagt hat: So wie du bist, habe ich dich nicht so lieb, wie ich dich lieb hätte, wenn du
meinen Erwartungen entsprechen würdest.
Was ja eine Verletzung ist und was uns sehr früh in unserem Leben gesagt wird. Sehr früh im
Leben gesagt. Benjamin, mein zweitgeborener Sohn, der war noch nicht zwei Tage alt, da hat
der Taxifahrer mir schon die Frage gestellt, die jeder hier kennt: Schläft er schon durch?
Und wenn man aber jungen Eltern diese Frage so oft stellt, wie man sie jungen Eltern stellt, und
alle fragen, alle fragen, ob das Kind durchschläft, die Tante, der Onkel, die wildfremden
Menschen im Supermarkt, und alle fragen, naja, da begegnet man dem Kind und sagt ihm, weil
man denkt, das ist ja wichtig, und man nicht weiß, dass ein Kind, das durchschläft, nicht
existiert, denkt man, mein Kind hat ein Problem,
beziehungsweise habe ich ein Problem. Und dann gibt man dem Kind das Gefühl: Komm, ich
hätte dich lieber, wenn du mehr schlafen würdest. Und das ist schon der Anfang der Verletzung,
und das Ende der Verletzung ist, dass wir eines Tages uns immer noch so sehen, wie wir als
Kind gesehen worden sind, und von uns sagen: Ich bin schlecht in Mathe.
Und das ist eine der meist gehörten und meist gesprochenen Aussagen, und das ist ja
unglaublich, denn nimmt man sie auseinander: Ich bin schlecht. Welch ein Urteil? Welch eine
Bewertung? Und ich bin schlecht in Mathe, das übrigens weder Hände noch Füße hat, denn
eigentlich würde es heißen: Mathe interessiert mich nicht, was ja frei ist von Beurteilung oder
was ja auch die einzige Wahrheit ist.
Denn wenn Mathe mich interessieren würde, dann wäre ich ganz gut darin. Und in allem, was
mich nicht interessiert, bin ich schlecht. Und wenn man mich ständig mit dem beschäftigt, was
mich nicht interessiert, statt mir die Zeit zu geben für das, was mich interessiert, dann werde ich
am Ende jede Form von Freude am Lernen und von Selbstbewusstsein auch verloren haben
und vom Selbstvertrauen, also vom Selbstvertrauen erst.
Wenn keiner in mich Vertrauen hat, dann wie soll
ich selbst in mich Vertrauen haben? Das geht ja, das geht ja gar nicht. Und das ist der Grund,
warum wir dann so voller Zweifel sind und auch so viel Zweifel haben.
Also wir sehen uns so, wie wir gesehen worden sind, aber wir sehen unsere Kinder auch so, wie
wir gesehen worden sind, und haben so viele Zweifel, unseren Kindern gegenüber wie uns
gegenüber. Und genau diese Zweifel hatten meine Eltern nicht und genau so viel Vertrauen
hatten sie, dass sie wirklich dem Kind im ungeografischen Ort der sichere Hafen, wo man in der
nonverbalen Sprache spricht, haben sie dem Kind ganz einfach niemals gesagt,
aber zu fühlen gegeben, statt ich habe dich lieb, aber ich hätte dich lieber wenn, haben sie dem
Kind einfach das Gefühl gegeben: So wie du bist, weil du so bist, wie du bist, habe ich dich lieb.
Und das ist bedingungsloses Vertrauen und das ist übrigens bedingungslose Liebe, denn
bedingungslose Liebe kann es nicht geben, wenn wir nur, ich habe dich lieb sagen, denn da
kann immer noch ein Aber kommen,
aber nach ich habe dich lieb, weil du so bist, wie du bist, kommt kein Aber mehr und das ist der
sichere Hafen. Und den haben sie mir gegeben. An meinen Eltern, dass sie dieses Vertrauen

hatten. Aber sonst gibt es gar nichts so Spezielles bei meinen Eltern und das wäre ja, dass wir
ja viele sich damit trösten, würde ich sagen, dass sie sich vorstellen, dass ich spezielle Eltern
hatte und auch eine spezielle Umgebung und dass ich somit,
weil so privilegiert diese Möglichkeit hatte. Das stimmt aber nicht, denn das könnten alle Eltern,
denn das, was meine Eltern gemacht haben, das war nur eine Entscheidung, sich für das
Vertrauen zu entscheiden und den Rest haben sie ja organisiert. Die Bedingungen, die idealen
Bedingungen, die waren nicht da, die waren nicht da, die sie nicht eines Morgens aufgewacht
und gedacht haben: Oh, die Bedingungen sind geradezu völlig ideal,
dass wir das so machen werden. Und das, worüber sie sich entschieden haben, warum sie
diese Entscheidung getroffen haben, das kommt gleich, ich will trotzdem alle deine Fragen
beantworten, das war Folgendes: Sie hatten dieses Vertrauen und für sie war es undenkbar, nur
ein Beispiel, es war für sie undenkbar, ein schlafendes Kind zu wecken.
Dann mussten sie, damit sie ihre Kinder nicht wecken müssen, irgendwelche Lösungen finden,
damit sie ihre Kinder niemals wecken müssen. Für sie war es undenkbar, ein spielendes Kind
zu unterbrechen. Somit haben sie Entscheidungen treffen müssen, um das rein organisatorisch
zu ermöglichen, dass ihre Kinder nicht geweckt werden.
Das hieß, dass die Kinder in die Schule gehen, war ja unmöglich, sonst hätte man die Kinder in
ihrem Spiel unterbrechen müssen, da hätte man die Kinder in ihrem Schlaf unterbrechen
müssen und das konnten sie nicht.
Ich möchte abschließend noch etwas sagen. Meine Eltern haben sich ja niemals gegen etwas
entschieden. Wir sind gegen gar nichts, gegen keine Methode, gegen nichts. Sie haben sich für
etwas entschieden.
Sie haben sich für drei Dinge entschieden. Sie haben sich entschieden für das Vertrauen. Sie
haben sich entschieden für die Rhythmen und sie haben sich entschieden für die Rituale der
Kindheit. Sie haben einfach gedacht: Wir werden alles unternehmen, damit wir die Spiele und
die Rituale, die Rhythmen und die Spiele der Kinder nicht unterbrechen müssen. Wie hast du
dann gelernt? Also warst du, dass dir deine Eltern Sachen vorgeschlagen haben oder haben
deine Eltern darauf gewartet, dass aus dir raus ein Impuls entstanden ist?
Naja, ich benutze oft dieses Bild, nicht wahr? Wir sind alle immer so beschäftigt und das ist ja
unsere erzieherische, also unsere vermeintliche erzieherische Verantwortung. Wir wollen immer
die Kinder erziehen.
Es ist sehr merkwürdig. Wir wollen tatsächlich immer wieder Dinge in die Kinder hineintun. Und
statt zu sehen, was aus den Kindern heraus sprudelt. Und das ist ja unglaublich, was da alles
ist. Ich beobachte, ich weiß genau noch, wie ich die Dinge gelernt habe.
Ich habe sie ja nämlich nicht gelernt. Ich habe sie mir angeeignet im Spiel. Das weiß ich noch
genau von allem. Und ich habe auch gar nichts mehr vergessen von dem, was ich lernen durfte.
ich nie habe lernen müssen und somit musste ich nicht so wie die anderen nach 80 Prozent von
dem, was ich lernen musste, vergessen. Aber das bedeutet nicht, dass ich speziell bin.
So wäre jedes Kind. Ich musste nichts vergessen von dem, was ich lernen durfte, weil ich nie
habe etwas lernen müssen und ich habe nur gelernt, was mir etwas bedeutete und somit weiß
ich bis heute alles noch. Aber ich beobachte es auch bei meinen Söhnen und das ist ja
unglaublich.
Und das ist unglaublich, wie wenig sie uns brauchen, wenn sie brauchen von uns das
Wichtigste, nämlich den erwähnten sicheren Hafen, aber wenn sie den haben, dann sind sie ja
die größten Entdecker und Gestalter dieser Welt und das wissen wir eigentlich alle. Und sie

gehen in die weite Welt hinaus, ausgestattet mit den besten Qualitäten, die es gibt und sie
saugen die Welt ein und dann wissen sie die Dinge und wir wissen nicht,
wie sie sie gelernt haben, dass sie das Wichtigste haben, dass sie das Wichtigste haben, dass
sie das Wichtigste haben, dass sie das Wichtigste haben, dass sie das Wichtigste haben, dass
sie das Wichtigste haben, dass sie das Wichtigste haben, dass sie das Wichtigste haben, dass
sie das Wichtigste haben. Jeder von uns hat ja eine Muttersprache gelernt,
ohne dass sie ihm angeboten worden ist, nicht wahr? Und ohne dass Unterricht erteilt worden
ist. Aber man fragt mich immer wieder, hat so die Dinge denn autodidaktisch oder noch alleine
gelernt? Aber alleine lernt man nichts, auch die Muttersprache nicht.
Man lernt sie ja nur, weil die anderen rundherum eben sprechen. Sie miteinander und mit dir
sprechen, sonst würdest du die Sprache niemals lernen. Und lesen, schreiben, rechnen, denn
ich bin sicher, das sind die drei Fragen.
Also mich hat man noch nie gefragt, wie hat sie zu kochen, singen und tanzen gelernt? Nur
immer lesen, schreiben und rechnen. Lesen, schreiben und rechnen, die Kinder haben diese
Hierarchie nicht. Das ist das, was sie auch so frei macht.
Für sie ist Stricken genauso wichtig wie Mathe. Und für sie ist Fensterputzen ein genauso
begeisternder Beruf wie Astronaut. Und lesen, schreiben und rechnen sind genau die drei
Dinge, die man nicht lernen kann in unserer Welt.
Die sind es ja überall. Ich weiß es. Ich sehe es. Wir sehen es alle. Wir sehen, was unsere
Kinder alles. Spielt nur einmal Memory mit einem 5-Jährigen. Und ihr werdet verstehen, was ich
meine. Oder beobachtet, wie die Kinder die Dinge – ich versuche, das Wort lernen zu
vermeiden.
Wie sie die Dinge aufsaugen. Das ist wie die Gravitation eines Planeten. Denn je mehr sie
wissen, umso mehr wissen sie an, weil sie ja so begeistert sind. Ich erlebe es im Moment
extrem stark mit meinen Kindern, mit meinem Erstgeborenen, mit Antonin, der innerhalb von ein
paar Wochen Englisch gelernt hat.
Ohne dass irgendwer bei uns sagen kann, wie er das eigentlich gemacht hat. Nur weil er
interessiert zuhört. Und weil er ihn interessiert, weil er nicht muss, weil er keine Hausaufgaben
damit zu erdulden hat.
Weil er kein Wort wiederholen muss, das er gelernt hat, weil er es nicht vergisst, weil er so frei
ist. Weil das alle Kinder sind. Ich muss immer wieder sagen, das alles ist, was die Kinder betrifft,
total banal.
Und das würde jedes Kind tun. Das würde jedes Kind können, wenn wir so viel Vertrauen
hätten. Jetzt gibt es ja das Klischee oder die Angst bei vielen Eltern, höre ich immer wieder
durch. Okay, wenn ich mein Kind so freilassen würde, dann kommt das später schlechter mit der
Gesellschaft klar, mit den Grenzen der Gesellschaft, etc., dann passt das nicht dazu.
Wie erlebst du das? Erlebst du dich als ein Außenseiter oder bist du mit drin? Ich bin ja mit drin,
ich wurde in die Gesellschaft hineingeboren und das tun ja alle Kinder der Welt. Und ich weiß
gar nicht, woher wir diese Befürchtung haben.
Kinder sind soziale Maschinen. Es gibt keine Türen, die geschlossen bleiben, wenn ein Kind sie
mit Begeisterung angeht. Es ist unglaublich. Und die Kinder kommen auf die Welt, öffnen die
Augen, kommen von einer homogenen Welt hinein in eine binäre Welt und versuchen sich da
zuerst zurechtzufinden.

Und dann öffnen sie die Augen und sie saugen die Welt ein. Und was sie sehen ist eine Welt
voller Verschiedenartigkeit und sie fühlen sich Teil dieser Verschiedenartigkeit. Aber sie urteilen
und beurteilen diese Verschiedenartigkeit nicht.
Sie sehen alle Hautfarben, alle Religionen, alle Größen, alle Altersstufen, alle Berufe, alles alles
alles alles gleichzeitig. Sie sehen nur die Verschiedenartigkeit und sie sehen sich als Teil dieser
Verschiedenartigkeit.
Und sie sind Teil davon. Und sie sind mittendrin. Und sie sind mittendrin mit all ihrer Offenheit,
des Herzens und des Geistes. Sie gehen auf die anderen zu, ungeachtet des Alters, ungeachtet
der Hautfarbe, der Religion.
Eigentlich würde ich sagen, ich dachte, sie gehen anderen Menschen entgegen, aber sie gehen
anderen Lebewesen entgegen. Denn auch Speziesismus ist in keinem Begriff und Ageismus ist
in keinem Begriff.
Und sie sind drin. Sie sind Beziehungsmaschinen, sie stellen Beziehungen her. Sie suchen
gleichzeitig die Verschiedenartigkeit und die Interessengemeinschaften. Sie
gewinnen alle Herzen. Sie freuen sich über jede Begegnung.
Sie verändern das Leben aller Menschen. Hier auf der Straße gibt es die Müllmänner, die sieht
niemand, die findet jeder unsichtbar. Sie sind so klein in der Gesellschaft, nicht wahr? Das Kind
sieht sie wie Helden an.
Das Kind sieht sie an, bewundert sie, lacht mit ihnen, tanzt mit ihnen, spielt mit ihnen und das
verändert ihr Leben. Denn zum ersten Mal fühlen sich diese Menschen bewundert und gemocht
für das, was sie tun und wie sie es tun und dass sie überhaupt sind.
Und das verändert das Leben der Erwachsenen und das tun die Kinder, weil sie so offen und so
begeistert und so wahr und so ehrlich und zu allem bereit und so stark sind. Und dann macht
man sich Sorgen für diese Kinder.
Nee, das Problem ist, sobald man die Kinder erstens nach Alter versorgt einzu-, also zu
versammeln, was ja, also ich glaube, das tut niemand, oder? Weil das wird, das wird so absurd.
Ich meine, Alter ist so sehr kein Kriterium.
Ich konnte erst mit acht lesen, mein Sohn konnte mit zweieinhalb lesen. Stellt ihr vor, wir sagen,
ihr seid beide fünf, ihr kommt zusammen. Wir haben nichts zu teilen, nicht wahr? Also… Ich
glaube nicht, dass man Kinder nach Alter versammelt, aber würde man Kinder nach Alter
versammeln und erst noch nach Wohnort, wo es keine Verschiedenartigkeit gibt.
Für solche Kinder würde ich mir Sorgen machen, kommen sie dann mit den Grenzen und mit
den sozialen Aspekten der Gesellschaft dann später zurecht und da würde ich sagen,
wahrscheinlich nicht, weil man sie herausgerissen hat aus der Realität der Gesellschaft, aber
Kinder, die in die weite Welt hinausgehen und den anderen Lebewesen dieser Erde in dieser
Offenheit, für die sie gemacht sind, begegnen.
Für die mache ich mir ehrlich gesagt keine Sorgen. Jetzt ist es so, für mich bist du schon in
einem sehr, sehr anderen Umfeld groß geworden als ich. Mich berührt es irre, dir gerade
zuzuhören.
Also meine ganze Seele schreit einfach: Ja, ja, ja! Für mich zu sagen, dass ich seit 25 Jahren
dabei bin, mir bewusst, sagts mal, die Traumatisierungen, die ich mir weggeholt habe in diesem
Erziehungssystem zu heilen, mir diese Freiheit zurückzuerobern.

Wenn das jetzt gerade Menschen hören, die Kinder haben, so die erste Frage, die ich an so
einer Stelle immer höre, ist: Okay, was mache ich denn jetzt? Also was mache ich mit meiner
eigenen Angst, weil wenn ich ehrlich bin, André, ich bin nicht in dem Vertrauen von dem du
sprichst, sondern ich sehe mein Kind an und ich spüre, da ist eine Angst in mir.
Und was mache ich? Also irgendwoher haben deine Eltern ja dieses Vertrauen gehabt. Ich
glaube nicht, dass es einfach nur ein Konzept gewesen ist, sondern sie haben es tatsächlich
gehabt. Das ist ja das Gegenteil von einem Konzept eben, also das sind jetzt wieder zwei
Fragen in deiner Frage.
Logo. Ich wollte sagen, dass es, diese Berührung, das, was dich, was uns berührt, ist ja niemals
meine Person. Das ist ja das, was in uns schreit, das Kind und das ist ja das erwähnte verletzte
Kind.
Das Kind, dem ein Leben lang immer gesagt worden ist, man würde dich lieber haben, wenn du
so wärst, wie man es erwartet. Was übrigens, dann gibt es auch viele Antworten, wenn es so
viele Fragen, Fragen gibt.
Das sieht das Ende der Kindheit von Anfang an und ich glaube, es ist uns nicht bewusst. Das ist
das Ende der Kindheit, denn das Kind, das ist darauf angewiesen, dass es gemocht wird. Und
damit es gemocht, also das, das fühlt einfach ganz genau.
Man würde mich mehr lieben, wenn ich – also man liebt mich mehr, wenn ich mehr dem
Konzept der Erwachsenen entspreche. Anders gesagt, wenn ich ich bin, werde ich weniger
geliebt, also wenn ich dem entspreche, was die Erwachsenen im Kopf haben, darüber, was eine
Kindheit sein sollte.
Und für das Kind hängt sein Überleben davon ab, dass das Kind dann gleich anschließend dann
alles, was seine Kindheit ausmachen könnte, aufgibt zugunsten dessen, was es gerade sieht,
was ja gut ankommt bei seinen…
Referenzpersonen, primären Referenzpersonen. Und das heißt, von Anfang an ersetzen wir
jede Form von Kindheit durch unser Konzept der Kindheit. Das ist ja interessant, weil wir
sprechen von Kindheit und wissen überhaupt nicht, worüber wir sprechen oder besser gesagt,
wir wissen genau, worüber wir sprechen, denn wir sprechen über etwas, das wir selbst erfunden
haben.
Wenn wir Kinder beobachten, ist das ja bei den meisten Kindern schon zu spät. Sie sind ja gar
keine Kinder mehr, sondern sie entsprechen genau unserem Konzept dessen, was ein Kind sein
sollte, seien Vorfeldkurs gesagt.
Und dieses Vertrauen hatten meine Eltern, weil sie aufgehört haben. Also, das mit der Angst ist
das Erste. Die Angst ist ein Problem, denn wenn man sie hat, hilft es keinem, wenn man sagt,
du solltest keine haben.
Ich bin am Rande des Abgrundes und man sagt mir, es wäre besser, wenn du jetzt keine Angst
hättest und dich entspannen würdest, das wäre für alles besser. Es tut mir leid, die Angst ist da.
Und wenn man mir sagt, es ist dumm, dass du diese Angst hast oder du bist dumm, weil du
diese Angst hast, dann ist es schon wieder so eine Erinnerung an das verletzte Kind, nämlich:
So wie ich bin, passe ich gerade nicht.
Es wäre besser, wenn ich nicht so wäre, wie ich bin. Ich habe halt Angst. Und wie man diese
Angst los wird, ja, wie kann man sie loswerden? So. Das Ding ist: Ich habe dich lieb, weil du so
bist, wie du bist.
Das ist leicht und das genügt. Das genügt. Wir müssen uns gar nicht ab. Mit den Eltern, die sich
die Frage stellen: Wie kann ich sicher sein, dass ich eine gute Mutter oder ein guter Vater bin?

Erkennen wir den alten Druck, den sie schon immer gekannt haben, nämlich den Druck, den
man als Kind erlebt hat.
Weißt du, als man dir sagte, du musst gut sein, gut aufpassen. In der Schule gut sein, sonst
kriegst du keine guten Noten. Und wenn du keine guten Noten kriegst, dann kannst du kein
gutes Studium machen.
Und wenn du kein gutes Studium machen kannst, dann kriegst du keine guten Diplome. Und
wenn du keine guten Diplome hast, dann kriegst du keinen guten Job und wenn du keinen
guten Job hast, dann hast du auch kein Geld und wenn du kein Geld hast, dann kannst du kein
Haus haben und auch keine Frau, kein Kind, kein Auto, gar nichts.
Und das ist der Dampfkochtopf mit zugedrehtem Deckel und darunter das Feuer der
Erwartungen der Menschen um dich herum. Und das passiert uns dann auch als Eltern. Nicht
wahr, dass man uns sagt: Du musst aufpassen, du musst den richtigen Zeitpunkt nicht
versäumen.
Wenn du den richtigen Zeitpunkt versäumst, wenn dein Kind niemals sauber wird, dann läuft es
mit 40 noch herum in der Stadt mit Windeln an und das ist alles deine Schuld. Und dein Kind
wird sagen, das ist die Schuld meiner Mutter, sie hat nicht die richtige Zeit, sie hat den richtigen
Zeitpunkt versäumt.
Oder: Von deinen heutigen Entscheidungen hängt die ganze Zukunft deiner Kinder ab und das
ist so schwierig, gute Eltern zu sein oder das ist so viel Verantwortung und so viel Arbeit und du
wirst nicht mal schlafen können, Wochen, Monate, Jahre lang und so weiter und so fort. Wenn
man dir so einen Druck macht, das ist genau derselbe Druck.
Das ist da genauso derselbe Dampfkochtopf mit zugedrehtem Deckel. Und mein Vorschlag hier
ist so einfach: Ich hab dich lieb, weil du so bist, wie du bist. Und man ist schon die tollsten Eltern
der Welt gewesen.
Man hat schon alles gegeben, was Eltern geben können. Der Rest ist Bonus. Eigentlich kann
man es schön machen. Ich spreche jetzt mal für Eltern, die das hören und andere, die gerade
jetzt wahrscheinlich so still sind, wie ich auch gerade, weil es gerade Klick macht.
Und wenn sie später, wenn das Gespräch jetzt zum Beispiel vorbei ist, rausgehen und sagen:
Ja, aber was mache ich denn jetzt? Mein Kind geht in diese Schule. Ja, ich habe mein Kind zu
Hause, so viele Stunden, aber mein Kind geht in diese Schule und ich weiß, mein Kind
bekommt in dieser Schule nicht gesagt:
Ich hab dich lieb, weil du so bist, wie du bist. Ich weiß, dass du wahrscheinlich niemandem
sagen wirst: Tu das oder tu das, aber hast du einen Rat für solche Menschen? Nein und ich
wäre auch höchstverdächtig, wenn ich einen hätte.
Nee, ich glaube, in diesem Unbehagen, genau das, was du beschreibst, darin wurzelt das
Neue. Und das Einzige, also jedes Mal, wo einer dir oder einem sagen würde: Ich habe eine
Lösung, die in so einem Fall für alle funktioniert, ergreife die Flucht, denn so etwas kann es
nicht geben.
Denn jedes Kind, alle Eltern, jede Lage, jede Umgebung, alles ist so sehr verschieden. Und
alles, eigentlich, ob das Kind in die Schule geht oder nicht in die Schule geht. Denn ein Kind,
das zu Hause bleibt, wäre noch ärmer dran.
Denn das Kind, das zu Hause – also weil man immer diese Idee hat, oder? Das Kind, das nicht
zur Schule geht, das bleibt zu Hause. Das wäre eine Katastrophe, das Kind will ja in die
weite Welt hinaus. Das will nicht abhängig sein von den Ängsten seiner Eltern.

Das will in die weite Welt hinaus. Und die Eltern haben ihre Ängste. Das ist vielleicht auch eine
Antwort auf die Frage von vorher, bevor ich die Frage versuche zu beantworten. Aber zum
Beispiel Antonin, mein erstgeborener Sohn, er liebt es auf Bäume zu klettern.
Ich habe Angst, wenn er das macht. Ich habe keine Ahnung, warum ich eine so große Angst
habe. Denn ich bin als Kind selbst auf Bäume geklettert, da ist ja nichts passiert. Aber wenn er
das tut, speise ich meine Angst in seine Landschaft ein.
Dann erst wird es gefährlich. Schlimm wäre, wenn er nur mit mir lebte. Wenn er nur mit mir
lebte, würde er meine Angst teilen müssen und dürfte niemals auf Bäume klettern. Das Gute ist,
er geht ja in die weite Welt hinaus.
Und da draußen auf der Welt gibt es ganz viele Menschen, die keine Angst haben, wenn er auf
Bäume klettert. Und die gerade, die sucht er sich aus. Er hat die Freiheit, sich diese
auszusuchen. Und es gibt sogar solche, die klettern auf die Bäume mit ihm.
Gerade diese holt er sich aus, es pickt er sich so heraus. So, und das könnten wir machen. Das,
was uns Angst macht, das macht uns Angst. Aber wir sind zum Glück nicht alleine auf dieser
Erde, es gibt Menschen, die keine Angst haben.
Ich würde gerne nachhaken an einem Thema, was ich beobachte bei – ich sage es, ich arbeite
ja hauptsächlich mit Erwachsenen. Was Erwachsene vielleicht am allermeisten abhält, davon
diese Freiheit wiederzuentdecken, ja, ist die Angst vor Fehlern.
So wie ist in deiner Kindheit mit sogenannten Fehlern umgegangen. Also wenn du, sagen wir
mal, du hast irgendwie echt Mist verzapft. Du hast irgendwas richtig Dummes gemacht, etc. So
wie haben deine Eltern das aufgegriffen?
Also es gibt, es ist nicht genau dasselbe Fehler zu machen und etwas kaputt zu machen. Es ist
nicht dasselbe, das eine ist ja, diese Fehler, wenn man etwas kaputt macht oder wenn einem
etwas passiert, das passiert ja immer wieder.
Und das ist ja markant und das bemerkt man. Und man möchte dann alles unternehmen als
Kind, damit das einem nicht mehr passiert. Aber die Angst vor Fehlern ist eine ganz andere
Angst, die wir in uns tragen.
Wir haben diese Angst, die könnte es anders sein. Wir leben in einer Welt, wo es ständig eine
Fangfrage gibt. Als Kind lebst du in einer Welt, wo es um jede Ecke eine Fangfrage gibt. Wo und
was du auch machst, wo du auch bist.
Es sind immer die Erwachsenen da, um dir irgendwelche Fragen zu stellen, wobei du
wahrscheinlich die Antworten nicht kennst. Und dann kriegst du natürlich immer zu fühlen, dass
du eine ungute Person bist, weil du die richtige…
Also die richtige Antwort, das heißt, die erwartete Antwort nicht liefern kannst. Also konkret,
konkret sagt Antonin kürzlich zu einer Dame, er spricht von einer Sendung, die diese Dame und
ihr Ehemann sehr mögen und er sagt: Ihr wisst, diese Sendung wurde ausgestrahlt zwischen
1993 und 2014, jede Woche eine Folge.
Und dann sagt die Dame sofort: Naja, und wie viele Jahre sind das? Wenn man dir so eine
Frage stellt, das ist so erschreckend, also du kannst ja gar nicht, inzwischen weiß man sogar
auch warum, weil die Antwort ist hier im Frontallappen.
Das Problem sind die Sicherungen des Frontallappens, die durchbrennen, sobald wir Stress
haben. Und so eine Frage, die dich nicht interessiert und die dich überrascht, wo du in was ganz
anderem drin bist.

Das garantiert fällt dein Frontallappen aus und du lieferst die Antwort nicht. Und jetzt lieferst du
irgendeine Antwort und zwar nicht die richtige. Er sagt 19, was übrigens interessant ist. Was
übrigens sehr interessant ist, denn 19 zeigt, dass er gesehen hat, es hat mit 20 zu tun und mit
der Zahl 1 davor oder danach. Das war das, was fehlte darin. Aber interessant war, dass er
eigentlich den Zusammenhang überblickt hatte, das könnte man so sehen und man könnte
voller Bewunderung dafür sein, nicht wahr? Aber dann sagt die Dame natürlich: Nein, das sind
21 Jahre, siehst du, du hast noch ganz viel zu lernen.
Und das ist unangenehm, das macht Angst. Also du möchtest dich nicht wieder in eine Lage
begeben, in der dir sowas passieren könnte. Nebenbei bemerkt: Wenn die Frage Antonin
interessiert hätte, dann hätte er die Antwort schon geliefert.
Er hätte gesagt: Wissen Sie Madame, diese Sendung wurde 21 Jahre lang ausgestrahlt und
zwar zwischen 1993 und 2014, da hätte man sich die Frage gleich ersparen können. Jedes Mal,
wo wir einem Kind eine Frage stellen,
worauf wir denken, also weiß das, sei es nur so kurz zuvor, weißt du, das sind Dinge, die wir
uns selbst nicht trauen. Also ich begegne dir nicht auf der Straße und frage dich: Wie viel sind
14 und 7? Das machen wir nicht, aber Kindern machen wir das. Kindern tun wir so vieles an,
das wir Erwachsenen uns nicht antun würden. Und sie sehen das, sie sehen das. Wenn ich
auf der Straße einem wildfremden Menschen begegne und ihm über das Haar fahre und sage:
Ist der süß, der wird mir an die Kehle springen und sagen: Was fällt Ihnen ein? Kinder müssen
sich das die ganze Zeit gefallen lassen und ich finde das verletzend, denn sie werden anders
behandelt. Es ist annehmbar,
als Kind musst du Dinge annehmen, die du als Erwachsener für unannehmbar hältst und das
bewirken unsere Kinder, das sind weitere Verletzungen. Aber diese Antwort in den Fehlern ist
die Angst,
die wir haben, dass wir die richtige Antwort nicht liefern, dass wir die Dinge nicht tun, wie
erwartet. Das ist die Angst, die wir in uns tragen, denn das ist nicht einmal passiert in unserem
Leben, das ist ständig passiert in unserem Leben, so dass wir jede Lage versuchen zu
vermeiden, in der wir dem Neuen begegnen.
Denn in dem Neuen steckt die Gefahr natürlich, dass man die Antwort nicht kennt. Und man hat
die Erfahrung gemacht, dass die richtige Antwort zu kennen nicht gut ist, ein Fehler ist, nicht
wahr? Noch ein Beispiel: Das Kind, das schreibt zum Beispiel, das habe ich kürzlich erlebt, das
Kind, das schreibt zurück: T, S, M, R, R, Y, K.
Das ist ja wunderbar, weil das Kind zeigt, dass es verstanden hat, wie die Buchstaben klingen
und wie sie funktionieren und wie man sie koordiniert, um ein Wort herzustellen. Aber garantiert
springen hundert Prozent der Erwachsenen bei Füßen, wenn man das Kind nicht frühzeitig
korrigiert, dann wird sich das natürlich so einbrennen, dass das Kind das niemals loswird.
Logisch oder? Ganz logisch. Statt zu bewundern, dass das Kind das so gut verstanden hat,
dass es fake ist, Buchstaben anders zu kombinieren, um denselben Klang herzustellen, weil es
noch damit spielt.
Statt das zu bewundern, beschreiben wir das als Fehler. Und dann fangen wir an, das Neue zu
befürchten, weil wir Angst haben, dass man als Fehler bezeichnet, was wir bis jetzt nicht als
Fehler betrachtet haben.
Und da kommt noch eine letzte Schicht, die dazu führt, dass wir Angst haben, Fehler zu
machen. Das ist nämlich die Tatsache, dass wir Angst bekommen vor dem, was eigentlich unser
größter Motor war. Nämlich, das: Ich weiß nicht.

Ich weiß nicht. Ist das, was all die Entdeckungen dieser Welt ermöglicht hat. Und dieses, das
einzige, was ich weiß, ist, dass ich nicht weiß, ist ja nicht neu. Und das Kind fügt hinzu: Aber ich
kann alles lernen, denn ich bin für das gemacht.
Und ich bin die richtige Person, am richtigen Ort zur richtigen Zeit nicht. Ich bin nicht besser
oder schlechter. Ich bin die richtige Person, am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Und hast du nicht
bemerkt, wie kleinlaut die Kinder werden, wenn sie auf eine Frage, die sie nicht interessiert,
eine Antwort nicht liefern können und dann ganz kleinlaut werden: Ich weiß es nicht.
Ich schäme mich, dass ich es nicht weiß, denn ich weiß, ich werde gehalten für eine ungute
Person. Du weißt es nicht, du müsstest es wissen, ich weiß es, du weißt es nicht, schlecht bist
du. Und das wollen wir vermeiden, das wollen wir nicht mehr.
Und deshalb haben wir Angst vor Fehlern. Aber dass wir Dinge kaputt machen oder dass wir
Mist bauen, das passiert immer wieder. Auch da hängt es immer von der Reaktion der
Menschen ab. Aber es gibt keinen Grund, dass wir einem Kind, das gerade eine kostbare Vase
zerbrochen hat, anders reagieren als einem Erwachsenen, der eine kostbare Vase zerbrochen
hat.
Denn eigentlich ist das keine Sache der Erziehung, das ist einfach ein Malheur, das einem
passiert ist. Man kann höchstens etwas daraus lernen. Aber Kinder schreit man an, öfters wird
man sie auch für das bestrafen.
Wenn ich es bei dir mache und eine kostbare Vase zerbreche, würde ich sagen: Oh, das ist gar
nicht so schlimm, auch wenn es nicht stimmt. André, in unserem Netzwerk gibt es sehr viele
Pädagogen.
Wenn das jetzt ein Lehrer oder eine Lehrerin hört, die jeden Tag hier in Deutschland an der
Schule arbeiten, wo sie Kinder per se bewerten müssen: Was wir jetzt
gerade miteinander teilen, was so kostbar ist.
Wie kann das jemand, der jeden Tag mit so vielen Kindern zu tun hat, umsetzen? Noch einmal,
wenn ich diese Frage beantworten könnte, wäre ich mir selbst sehr verdächtig. Ich habe keine
Ahnung. Denn ich glaube, erstens: Jede Lage ist anders.
Und jede Person, die so ein Problem zu lösen hat, und ich freue mich, dass es Menschen gibt,
die dieses Problem zu lösen haben, muss es auf die eigene Weise lösen. Das geht sonst nicht.
Aber das ist noch einmal eine Sache der Haltung.
Und das mit der Bewertung ist sehr problematisch. Das ist klar, das führt zu einer Art von
Beziehungen, die wir eigentlich gar nicht mögen, nämlich Konkurrenz statt Solidarität, wofür wir
geboren sind.
Wir sind Solidarität geboren. Und die Kinder leben sie uns ständig vor. Ich weiß nicht, wie es
geht. Ich weiß nicht, wie man das alles kombinieren kann. Ich weiß, dass man es kombinieren
kann. Und dass man erst dann das kombinieren kann, wenn es so weit gekommen ist, dass
man es anders nicht mehr kann.
Und das ist dann noch einmal eine Sache der Haltung und nicht der Methode. Das kann in
jedem Rahmen auch immer sein, dass die Haltung ist das Entscheidende. Und die Haltung ist
diese Haltung des Vertrauens.
Und ich weiß, viele haben Angst, wenn man zu viel Respekt hat. Ich habe Respekt auf der Stirn
geschrieben. Nur weil du es anderswo geschrieben hast. Den hast ich gerade vorher entwickelt.
Nein, ich habe es nicht auf der Stirn geschrieben.

Aber wir haben so Angst, dass das wird auch tatsächlich gesagt: Dass man respektiert, das wird
als Erwachsener ein respektloser Mensch. Wenn du das Kind zu sehr respektierst, wird es zu
einem kleinen Tyrannen, der dir am Ende auf der Nase rumtanzt.
Und ich sehe nicht ein, wieso ein Kind, das man respektiert, respektlos werden sollte. Wenn
man das glaubt, müsste man auch glauben, dass ein Kind, das sein Leben lang nur chinesisch
hört, wenn es dann anfängt zu sprechen, Spanisch spricht.
Ist genauso logisch. So, was Menschen, die beruflich mit Kindern zu tun haben, was sie tun
sollen, habe ich keine Ahnung. Und will ich auch keine Ahnung haben. Es ist, würde ich sagen,
eigentlich nicht mein Job.
Mein Job ist es, das Kind einzuladen und zu sagen: Schaut, was unsere Kinder alles können
und wollen und zu was sie allem fähig sind. Sie können alles werden. Sie können alles lernen,
sie öffnen alle Türen.
Sie können die eigenen Träume verwirklichen. Es gibt keine Wesen, die ihre Träume so
verwirklichen können wie die Kinder. Es gibt keine Wesen, die diese Fähigkeit haben.
Begeisterte Kinder haben diese Fähigkeit, die Begeisterung der anderen so zu wecken, dass
die anderen nur noch ein Anliegen, nur noch einen Wunsch haben.
Sie wollen nur noch die Träume der Kinder verwirklichen, wahrmachen. Das erlebe ich alltäglich
mit meinem Sohn, der seit bald einem Jahr Formel 1-Fahrer werden will. Er ist heute neun
Jahre alt. Er fährt Go-Karts.
Wir waren gestern in Barcelona bei den Formel 1-Test-Tagen. Es ist unglaublich, wie per E-Mail

eine Person dort in Barcelona von seiner Begeisterung – die über mich, denn ich habe die E-
Mail an die Person geschrieben.

Diese Begeisterung von Antonin hat diese Person so in Bewegung gesetzt, dass wir die
Möglichkeit haben, dort zu stehen und sogar Lewis Hamilton die Hand zu schütteln. Dieser
Person war das das Wichtigste geworden, diesen Traum von einem Neunjährigen zu
verwirklichen.
Und das per E-Mail und über 1000 Kilometer, nur weil die Begeisterung des Kindes so
angesteckt hat. Wenn man das alles sieht, dann kommt man zu dieser neuen Haltung. Und
mein Job ist es, das sichtbar zu machen.
Das Kind in seiner unglaublichen, ja, das sind die Riesen dieser Erde und die Hüter unserer
Potenziale. Wenn man das alles sieht, dann kommt man in diese neue Haltung ganz einfach,
ohne Arbeit, ohne Mühe, ohne dass es Mühe kostet oder dass es Geld oder Zeit oder eine
Ausbildung bedarf.
Das ist da. Und dann ist das eine Sache der Haltung. Und dann stellt sich heraus, dass man als
Lehrperson zum Beispiel für die Kinder ja enorm viel machen kann. Denn ich möchte
wiederholen, was ich vorher gesagt habe, wie diesem ganzen Druck, diesem Dampfkochtopf.
Ich hätte dich lieber, wenn du anders wärst, als du bist und so weiter. Da ersticken unsere
Kinder. Und man kann als Lehrer – und manchmal wäre es nur in dieser einen Klasse heute
möglich – dass man den Deckel lüftet.
Ich hab dich lieb. Ich hab euch lieb. Weil ja, so seid, wie ihr seid, ihr müsst nichts machen. Ihr
müsst mir nicht gefallen. Ihr müsst nicht dementsprechend, was ich erwarte. Wenn man das als
Lehrperson schafft, dann ist das ein Segen, ein Segen für die Kinder dieser Welt.

Ich möchte noch kurz etwas sagen. Wir haben alle so große Angst vor der virtuellen Welt. Wir
denken, dass sie schlecht für die Kinder und wir denken, dass sie schlecht für die Kinder ist.
Wenn sie da eintauchen, kommen sie nicht wieder. Dann denken wir, das ist eine schlechte
Welt.
Wir müssen die Kinder davor abhalten. Und wir sehen, alle Kinder tauchen da ein. Und wenn
sie da eintauchen, kommen sie nicht wieder. Das stimmt. Das können wir da beobachten. Und
das scheint zu stimmen, dass das eine schlechte Welt ist, eine böse Welt für die Kinder.
Das Ding ist, es ist etwas, das immer wieder, ja, auffällt, obwohl es nicht stimmt, wie der
Wissenschaftler, der einen Floh gefangen hat und dem Floh ein Beinchen ausreißt und stellt
den Floh auf den Tisch und sagt: Floh, spring!
Und der Floh springt. Da nimmt er ein zweites Beinchen und reißt es ab, stellt den Floh auf den
Tisch und sagt: Floh, spring! Und der Floh springt. Am Ende hat er alle sechs Beinchen
ausgerissen, sagt dem Floh: Floh, spring! Und der Floh springt nicht und der Wissenschaftler
schreibt auf: Wenn man alle sechs Beinchen ausgerissen hat, wird der Floh taub.
Oder das kann man tausendmal testen, das wird jedes Mal stimmen, obwohl es nicht stimmt.
Und die virtuelle Welt ist nicht gefährlich für unsere Kinder. Wir müssen in die Welt des Kindes
eintauchen, um das zu verstehen.
Das Kind, das lebt zu Hause und das lebt in der Schule. Und in der Schule, so wie zu Hause,
gibt es keine Gründe dafür, dass es eine andere Haltung gibt. Man kann nicht sagen, das ist die
Schuld der Schule, das stimmt nicht, da will ich die Schule in Schutz nehmen.
Es gibt keinen Grund dafür, dass in der Schule eine andere Haltung herrscht und andere
Paradigmen herrschen als anderswo auf der Welt. Aber unter diesen Paradigmen und unter
diesen Bedingungen kann kein Kind das werden, wonach jedes Kind trachtet.
Es kann kein Kind ein Held werden und das wollen unsere Kinder. Aber sie können das in der
Schule nicht andenken. Man, es ist nicht so schlimm, es ist nur die Hälfte, die andere Hälfte ist
das Zuhause.
Aber auch zu Hause kann man kein Held sein, weil es die Erwartungen der anderen gibt, weil
es dort auch diese Paradigmen und diese alte Haltung gibt, dass ich muss erziehen, ich trage
Verantwortung und so weiter, wo kein Vertrauen ist.
Und das heißt, das Kind kann weder dort noch da werden, wonach es trachtet. Es kann nicht
spielen, es kann nicht selbst sein, es kann nicht ein Held sein. Das heißt, da wo das Kind lebt,
kann es das nicht sein.
In welcher Welt ist es möglich, schnell ein Held zu werden? In der virtuellen. Und deshalb
tauchen unsere Kinder da ein. Der Computer diskriminiert nicht. Dem ist deine Schulleistung,
dein Alter, deine Hautfarbe, deine Religion, all das ist dem Computer egal.
Er sagt: Komm und spiel. Und dafür wirst du bewundert. Du kannst deine Traumwelt posten.
Und es gibt Leute, die das liken. Und das ist eine schlechte Welt. Wenn sie da eintauchen,
kommen sie nicht wieder. Das stimmt. Das können wir da beobachten. Und das scheint zu
stimmen, dass das eine schlechte Welt ist, eine böse Welt für die Kinder.
Und plötzlich sehen wir: Gefährlich ist nicht die virtuelle Welt. Und die virtuelle Welt zu verbieten
ist keine Lösung. Denn gefährlich ist nicht die virtuelle Welt, sondern die reale Welt, in die wir
unsere Kinder jeden Tag schicken. Die ist gefährlich. Denn in unserer realen Welt können
unsere Kinder keine Kinder sein.

Und wenn wir es schaffen, als Gesellschaft, als Lehrer, als Eltern, als Menschen durch eine
neue Haltung eine Welt zu schaffen, in der unsere Kinder sich selbst sein können, in der unsere
Kinder sich selbst sein könnten, wenn wir es schaffen, dass die Realität so anziehend ist wie die
virtuelle Welt, dann haben wir kein Problem mehr mit der virtuellen Welt. Das wollte ich als
Metapher nehmen dafür, für die neue Haltung, was sie bringt. Und weißt du noch ein Beispiel?
Antonin, der trainiert schon am Tablet Formel 1 fahren, aber wenn du ihm sagst: Komm, jetzt
gehen wir Go-Kart fahren, dann legt er das Tablet gleich auf die Seite.
Und das war meine Einladung. Hier ist wirklich nur eine Einladung. Es kann nur ein Land
kommen, ob diese Seite des Spiegels, wo das Vertrauen ist. Ich erzähle euch kleine
Geschichten und vielleicht mag jemand, ob diese Seite des Sp
iegels kommen und vielleicht mag sogar jemand am Ende dieses Podcasts noch etwas länger
verweilen auf dieser Seite des Vertrauens.
Und jede Minute, die wir auf der Seite des Vertrauens verbringen, ist ein Segen für die Kindheit,
das heißt für die Kinder dieser Welt und auch für die Kinder in uns. André, ich danke dir aus
tiefstem Herzen.
Ich danke dir. Es war ein berührendes Gespräch. Es ist total schön, dass ich dich kennengelernt
habe und ich bin mir sicher, dass es nicht das letzte Mal ist. Bin mir dessen auch sicher und ich
möchte dir danken für diese Gelegenheit und auch für die Begegnung.
Das war ein Kapitel aus dem Podcast „Seelengevögelt“, die Rebellen des Geistes von Veit
Lindau. Ich würde mich sehr freuen, wenn du meinen Podcast abonnierst und wenn ich so die
Möglichkeit habe, in deinem Leben einen kleinen, guten Unterschied zu bewirken.

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