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Chaos, Schmerz und Frieden | Die Wurzeln von Fanatismus in jeder:m von uns und wie wir sie heilen können | Folge 239

Beim folgenden Text handelt es sich um automatisch generierte Zeilen des von Veit Lindau eingesprochenen Podcasts. Diese wurden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz korrigiert, sodass sie weitgehend korrekt sind. Für etwaige Fehler entschuldigen wir uns. Den Originalpodcast kannst du über die untere Player-Leiste hören.

Chaos, Schmerz und Frieden | Die Wurzeln von Fanatismus in jeder:m von uns und wie wir sie heilen können | Folge 239

Beim folgenden Text handelt es sich um automatisch generierte Zeilen des von Veit Lindau eingesprochenen Podcasts. Diese wurden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz korrigiert, sodass sie weitgehend korrekt sind. Für etwaige Fehler entschuldigen wir uns.

Hey ihr Lieben, hier ist Veit mit einer weiteren Episode meines Podcasts „Seelengevögelt – für die Rebellen und Rebellinnen des Geistes“. Eine kleine Vorwarnung, diese Episode hat es echt in sich. Sie ist tief und es kann gut sein, dass sie dich an manchen Stellen herausfordert.

Doch ich gehe davon aus, dass ich zu einem erwachsenen, reifen und relativ bewussten Publikum spreche. Das heißt, ich traue dir das absolut zu. Diese Episode und das Thema liegen mir sehr am Herzen, denn ich beobachte einfach, wie sich durch unsere Gesellschaft eine krasse Spaltung zieht, die mittlerweile Liebespaare, Familien, Teams betrifft.

Und diese Spaltungen haben meist etwas mit „Recht haben“ zu tun. Aber eben nicht „Recht haben“ im Sinne von „Hey, lass uns einfach mal diskutieren“, sondern „Recht haben“, was plötzlich so einen existenziellen Geschmack hat.

Und der andere, der anders denkt als wir, wird zu einer Bedrohung für uns. Normalerweise denken Menschen, wenn sie zum Beispiel das Wort „Fanatismus“ hören oder „Fundamentalismus“, an krasse Beispiele wie Terroristen.

Ich möchte dich heute einladen, sehr mutig, die Wurzel von Fanatismus, von Fundamentalismus, in deinem eigenen Geist zu finden und zu untersuchen. Denn selbst wenn du es nicht lebst, wird dir das helfen, Mitgefühl für diejenigen zu entwickeln, die sich in einer Meinung so stark verkeilt haben.

Ich glaube, dass diese Episode das Potenzial hat, Frieden zu bringen. Erst mal Frieden in dir und Frieden in deinen Beziehungen und Frieden in unserer Gesellschaft. Wenn sie dich berührt, wenn sie dir gut tut, freue ich mich sehr, wenn du sie weiter empfiehlst.

Und jetzt wünsche ich dir spannende und heilsame Erkenntnisse. Ich möchte heute Abend mit euch über Fundamentalismus, über Fanatismus und die Möglichkeit der Heilung sprechen. Bevor ich darauf weiter eingehe, was ich genau damit meine, ist mir eins ganz wichtig.

Mir geht es heute weniger darum, aus einer Metaperspektive philosophisch über diese Themen zu sprechen, sondern ich möchte dich einladen, so mutig zu sein, den Fundamentalist und die Fanatikerin in dir zu entdecken.

Und sei es vielleicht nur im kleinen Keim. Okay. Dieser Abend macht dann für mich Sinn, wenn du am Ende rausgehst und sagst: „Aha, jetzt verstehe ich, wie Fundamentalismus im Denken entsteht, wie aus Fundamentalismus Fanatismus entsteht.“

Und ja, wenn ich ehrlich bin, kann ich an bestimmten Ecken in meinem Leben feststellen, da habe ich manchmal so eine kleine Tendenz, da kann ich jetzt besser darauf achten. Und vor allen Dingen wirst du hoffentlich nach diesem Abend Menschen, die sich gerade in so eine Ecke verrannt haben, besser verstehen können und ihnen mehr Mitgefühl entgegenbringen können.

Also mir ist es wichtig, dass wir wirklich tief einsteigen, okay? Und dass wir das jetzt nicht auf so einer plakativen Ebene abhandeln. Weißt du, ich glaube, den meisten fällt zum Thema Fundamentalismus sofort ein Terrorist ein, zum Beispiel.

Und wir denken: „Oh Gott, das ist Fundamentalismus.“ Ich möchte gerne mit dir richtig tief einsteigen auf eine Ebene, wo du verstehst, wie das im Denken passiert, wie das entstehen kann. Weißt du, warum mir das so wichtig ist? Weil ich persönlich glaube, dass diese letzten anderthalb Jahre eigentlich ein enormer Schatz für unser individuelles und kollektives Wachstum sind, weil durch den Stress der Situation sehr spannende Phänomene an die Oberfläche geploppt sind.

Die in der Tiefe die ganze Zeit da waren, so vor sich hingeschwelt haben. Die sind jetzt plötzlich da und wir könnten, wenn wir so selbstverantwortlich an diese Phänomene herangehen würden, unglaublich viel über uns lernen.

Und wir könnten zumindest rein theoretisch eine ganze Ecke reifer, souveräner und vernünftiger aus dieser fetten Geschichte hier herausgehen. Und im Augenblick habe ich leider die Befürchtung, dass die Chance vertan werden könnte.

Deswegen möchte ich an der Stelle gerne nochmal nachhaken und euch einladen, euch mit diesen spannenden Phänomenen zu beschäftigen. So, ich hoffe, du sitzt gut, entspann dich. Hier kommt eine kleine Vorwarnung: Es kann natürlich gut sein, dass ich an der einen oder anderen Stelle etwas sage, was dich persönlich empört.

Was in dir, ich nenne es liebevoll, eine gewisse Form von Schnappatmung auslöst. Also, du kennst das, ne? Dieses Gefühl von „Das kann er jetzt nicht gesagt haben“, oder „Nein, das ist nicht so.“ Nochmal, das ist mir ganz wichtig.

Ich bin heute Abend nicht hier, um dir irgendeinen Standpunkt auszureden. Du kannst von mir aus glauben, an was du willst. Ich bin heute Abend hier, dich einzuladen, zu untersuchen, warum wir manchmal unsere Standpunkte mit so einer ganz komisch verdrehten, aggressiven bis paranoiden Energie verteidigen und ob das wirklich sinnvoll ist. Das würde ich gerne mit dir untersuchen.

Also ich will dir nichts wegnehmen. Ich möchte dich nur einladen, also wenn immer du merkst, die Schnappatmung setzt ein, vielleicht diese Stelle im Video zu merken, nochmal darauf zurückzukommen. Weil, wenn du beim letzten Mal aufmerksam gelauscht hast, als wir über Schattenarbeit gesprochen haben: Wann immer wir empört sind, ist das immer unser eigener Schatten.

Fangen wir an. Wir fangen an mit dem vielleicht größten Dilemma, das wir Menschen haben. Wir haben einen Verstand, der uns suggerieren muss, dass wir verstehen, was gerade passiert. Denn im Augenblick, wenn wir am Morgen aufstehen würden und denken würden: „Oh Gott, oh Gott, ich habe keine Ahnung, was passiert“, wären wir extrem unsicher, wir kämen durcheinander, wir würden die Orientierung verlieren.

Das wäre enormer Stress. Das heißt, unser Verstand hat die Aufgabe, uns Orientierung zu geben. Das kleine Problem an der Sache ist, dass unser Verstand nicht in der Lage ist, Realität komplett zu erfassen.

Darüber habe ich in vielen anderen Kursen gesprochen, aber hier nochmal ganz kurz: Vielleicht sind ein paar neue Menschen dabei. Also, das, was du jetzt gerade siehst, wenn du dich mal umschaust in einem Zimmer, ist eben nicht die Realität, sondern es ist deine Realität und findet witzigerweise auch gar nicht außen statt, auch wenn das so aussieht, sondern findet in dir statt und wird nach außen projiziert.

Dass das so ist, ist gut so, das ist gesund so. Also die Menschen, die sich komplett unsicher darüber sind, was real ist, die landen meistens in der Psychiatrie und das wollen wir nicht. Das heißt, wir müssen unserem Leben Kontext geben.

Das Problem ist, dass der Kontext, den wir geben, immer begrenzt ist. Es ist immer nur ein ganz, ganz kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit. Also wir stehen eigentlich die ganze Zeit beziehungsweise wir schweben in einem riesigen, grenzenlosen, multidimensionalen Universum und das, was wir als „unsere Welt“ bezeichnen, ist so eine kleine Teetasse.

Auf der stehen wir und auf der surfen wir so durch die Gegend. Das heißt, wir suchen permanent nach Sicherheit. Also selbst die größten Großkotze unter uns brauchen Sicherheit. Also wenn immer unserem Gehirn diese Sicherheit genommen wird, gibt es totalen Stress. 

Es gibt zwei hauptsächliche Säulen für diese Sicherheit. Die erste Säule habe ich schon erwähnt, das ist deine Weltsicht. Das heißt, wenn du am Morgen aufstehst und weißt, hier ist unten, hier ist oben, ich weiß, was gut und was böse ist, ich weiß, wo es langgeht, ich weiß, ich bin auf der Erde, ich erkläre mir die Erde so und so, ich erkläre mir Entwicklung so und so, ich habe eine Idee von allem.

Das heißt, wenn deine Weltsicht in sich schlüssig ist, gibt dir das Sicherheit. Wenn du jetzt ganz alleine wärst mit deiner Weltsicht, wäre das auch doof. Deswegen nutzt unser Verstand auch einen zweiten Mechanismus: Wir suchen uns eine soziale Gruppe, die dieselbe Weltsicht mit uns teilt.

Kannst du mir folgen? Das sind die Menschen, mit denen wir uns am wohlsten fühlen, weil die es einfach genauso sehen wie wir. Also wenn wir zum Beispiel in einer Liebesbeziehung sind und unser Partner auf ein für uns sehr wichtiges Thema komplett anders schaut, ist das ein permanenter Stressfaktor. Vielleicht hast du sowas schon mal erlebt.

Also wir brauchen eine klare Weltsicht, wir brauchen eine soziale Gruppe und das ist unser Fundament, unser Fundamentalismus. Da könnte eine Brücke sein, unser Fundament in diesem Weltbild, unsere kleine Teetasse.

Soweit ist alles gut, bis hierher haben wir gar kein Problem, weil das ist normal, das brauchen wir. Wenn ich jeden Morgen aufstehen würde und ich müsste wieder drüber nachdenken, wer Andrea ist – oh Gott, wie kommt die mal ins Bett?

Hört sich stressig an, macht also Sinn. Jetzt ist es so, auch das werde ich heute nur ganz kurz abhandeln, weil die meisten von euch sind vertraut mit dem Konzept, dass Menschen auf unterschiedlichen Bewusstseinsebenen stehen.

Also wir können sechs Menschen nebeneinander stellen, die in einem Raum stehen, aber die sind auf unterschiedlichen Bewusstseinsebenen. Das heißt, ihr Verstand hat eine andere Reife, wie er Realität interpretiert.

Über diese Ebenen rede ich in anderen Seminaren ganz ausführlich, das klammern wir uns heute aus. Aber das ist wichtig zu verstehen. Also jemand zum Beispiel, der voller Überzeugung CSU wählt, ist auf einer anderen Bewusstseinsstufe als jemand, der voller Überzeugung die Grünen wählt.

Und ganz wichtig: Keines davon ist falsch oder ist ganz falsch oder ist ganz richtig und vor allen Dingen keines davon ist besser, sondern wie diese Grafik zeigt, diese Bewusstseinsebenen bauen aufeinander auf, also die entwickeln sich auseinander.

Jetzt hat also jeder Mensch, da wo er gerade ankommt, eine Weltsicht. Das ist der große Witz. Der Mensch auf der einen Bewusstseinsebene sieht die Welt und interpretiert sie auf seine Art und Weise und ist sich hundertprozentig sicher, dass er die Wahrheit hat.

Also wenn du zum Beispiel nun wieder deine Eltern besuchst und ihr euch über wichtige Themen unterhaltet, dann wirst du manchmal zum Haare ausraufen feststellen, dass sie dieselbe Sache komplett anders sehen.

Und das Verrückte daran ist, sie sind sich genauso sicher wie du, dass sie recht haben. Das heißt, auch du bist sehr wahrscheinlich da, wo du jetzt gerade stehst, ganz sicher, dass die Dinge so sind. Ganz sicher, was richtig und falsch ist, ganz sicher, wo es langgeht, ganz sicher zu bestimmten Themen.

Du hast deine Meinung. Bis hierher ist es auch noch kein Problem. Ja, das gibt da manchmal einen Zoff auf einer Familienfeier. Man streitet sich vielleicht auch manchmal, man reibt sich miteinander, man geht vielleicht auch auseinander, weil man sagt, wir können nicht miteinander.

Aber wenn alles gut läuft, bleibt jeder auf seiner Stufe doch so ein bisschen flexibel, ist bereit, immer mal wieder seinen Standpunkt zu überprüfen, etwas dazuzulernen und entwickelt sich weiter. Und denkt dann auf der nächsten Stufe, schaut beschämend runter und denkt: „Oh mein Gott, ich habe das vor drei Jahren wirklich geglaubt. Kann ich bitte alle Videos löschen, die ich damals geäußert habe?“

Also bis hierher kein Problem. Jetzt kommen wir zum Fundamentalismus. Was ist Fundamentalismus? Normalerweise kommt das von Fundament, ja, und die allgemeine Definition des Fundamentalismus ist eine Überzeugung, eine Geisteshaltung, die sich dadurch auszeichnet, dass wir an einem ideologischen oder religiösen Grundsatz festhalten.

Und normalerweise gibt es Fundamentalismus hauptsächlich im politischen Sprachgebrauch. Deswegen sagen die, das prägt das politische Handeln. Ich möchte das heute gerne erweitern. Ich möchte sagen, in unserem Geist gibt es die Fähigkeit, an dem Fundament, auf dem wir gerade stehen, fester festzuhalten als fest und alles, was wir denken und fühlen und wie wir handeln, darauf aufzubauen. Das ist Fundamentalismus.

Jetzt gibt es Stadien des Fundamentalismus, okay? So war es ganz wichtig zu verstehen, damit wir jetzt nicht gleich nach diesem Video alles in die Tonne klopfen. Wenn du eine unpopuläre Meinung hast und die leidenschaftlich vertrittst, dann ist das zwangsläufig noch kein Fundamentalismus.

Also wenn du zum Beispiel auf ein Familienfest gehst und du bist überzeugter Veganer und vertrittst deine Meinung dort, obwohl alle anderen deiner Familie Fleisch essen, auch leidenschaftlich und du sagst: „Hey, man, guckt euch doch mal an, was mit den Tieren passiert“, etc.

Das ist noch kein Fundamentalismus. Du bist berührt, du bist bewegt von deinem Standpunkt und du willst auch andere damit bewegen, okay? Wenn es jetzt aber dazu kommt, das sind so die ersten Anzeichen und ich möchte dich gerne einladen, das heute mal so persönlich zu nehmen.

Also nicht nur die Nachbarn zu sehen, sondern mal bei dir nachzuschauen. Wenn wir anfangen, mögliche Gegenwahrheiten auszublenden, also zum Beispiel die Möglichkeit auszublenden, dass ein anderer Mensch jetzt gerade, aus welchem Grund auch immer, immer noch hundertprozentig überzeugt ist, dass er Fleisch essen will.

Wenn ich anfange, das auszublenden, also wenn ich anfange zu sagen, nee, das darf nicht sein. Und wenn ich anfange, meine Meinung zu erheben über die andere, also wenn du das spürst, ich erhebe meine Meinung über die andere, dann fangen wir an, Fundamentalismus in uns zu fördern, weil wir dann die Perspektive verlieren, dass ja auch das, wo wir gerade stehen, in Bewegung ist, okay?

Das ist der Anfang. Wenn du dann irgendwann merkst, du reagierst gereizt oder aggressiv darauf, dass jemand anders die Welt anders sieht als du – und wir reden hier nicht von persönlich berührt, sondern gereizt oder aggressiv – das ist die zweite Stufe von Fundamentalismus.

Die Dritte ist, wenn diese Fronten total verhärten und du plötzlich die Haltung hast von: „Okay, entweder du stehst auf meiner Seite oder du bist mein Feind.“ Das musst du nicht aussprechen. Es gibt Menschen, die das aussprechen, so Kreuzzüge: „Entweder du bekehrst dich zum Christentum…“

So absurd. Zieht euch mal diesen Wahnsinn rein: Im Namen des Gottes der Liebe zwinge ich dich, dich zu Christus zu bekehren oder ich töte dich. Das ist so phänomenal. Okay, aber so, also manche leben das aus und manche denken das.

Also ich möchte dich einladen, einfach mal zu gucken: Hast du schon mal eine Situation gehabt, vielleicht in deiner letzten Zeit, in all dem, was gerade so stressgeladen ist, wo irgendjemand innerlich zu deinem Feindbild geworden ist, weil er sich gewagt hat, etwas anders zu denken und zu fühlen? Das ist Fundamentalismus. Aus Fundamentalismus, also wenn wir das nicht erkennen, wenn wir darin abdriften, wenn wir uns umgeben mit anderen, die es genauso sehen, entsteht meist eine Form von Paranoia, also „Wir gegen die anderen“, ein krasses Schwarz-Weiß-Denken und Gewalt.

Und nochmal, Gewalt ist eine große Range von „Ich bringe Gewalt in meine Stimme“, „Ich drohe dir“, „Ich beleidige dich“ bis hin zu wirklicher Gewalt. Wie entsteht Fundamentalismus? Das ist total spannend, weil ganz offenkundig scheint nicht jeder von uns genauso affin dafür zu sein wie andere.

Das Erste, was wir brauchen für Fundamentalismus, ist Unsicherheit im Außen. Erinnere dich daran, wir alle brauchen ein Fundament. Meine Urgroßmutter zum Beispiel hat auf einem Minidorf gelebt, 500 Einwohner:innen.

Solange ich sie kannte, hat sie in diesem kleinen Haus gelebt, hat sich nichts verändert, nie irgendetwas verändert. Das heißt, sie hatte überhaupt keine Notwendigkeit, ihre Perspektive, die noch im Kaiserreich entstanden ist, in Frage zu stellen.

Aber wenn im Außen krass viel Unsicherheit ist und diese Unsicherheit unseren Standpunkt permanent hinterfragt, also permanent neue Sachen passieren und versuch dich mal zu erinnern, was allein in den letzten fünf, sechs, sieben Jahren in Deutschland passiert ist.

Das ist in diesem Land, das mal für Beschaulichkeit, für Pflicht, für Aufbau stand. Plötzlich holt unsere Regierung einfach mal eine Million Flüchtlinge rein, dann kommt Corona, dann kommt Black Lives Matter, dann kriegen wir irgendwie mit, wir kommen auch industriell, technologisch gar nicht mehr hinterher, Dieselaffären und so weiter und so weiter.

Also, es ist wichtig zu verstehen, Leute, dass wir alle und nicht erst seit gestern in einer absolut evolutionären Waschmaschine, und zwar im Schleudergang, stecken. Das Zweite brauche ich, weil ganz offensichtlich gehen manche immer noch irgendwie ganz cool und souverän mit diesen Unsicherheiten um.

Ich brauche eine innere, geringe Ambivalenz-Toleranz. Was bedeutet Ambivalenz? Bedeutet simpel „entweder oder“. Und die Wahrheit ist, dass wir persönlich alle zutiefst ambivalente Wesen sind. Also in dir gibt es so viele Widersprüche.

Da könnte man verrückt dran werden und diese Welt hat so viele Widersprüche und das Verrückte daran ist an dieser Welt, dass es tatsächlich möglich ist, dass sechs, sieben Menschen auf eine Sache schauen, sich alle sorgfältig informieren, sich alle Gedanken machen, aber zu einem anderen Schluss kommen als du.

Das ist Ambivalenz, okay? Und das ist für unser Gehirn, erinnere dich daran, diese zwei Säulen, meine Weltsicht und gleichzeitig meine soziale Gruppe. Für unser Gehirn ist das totaler Stress. Wie kann es sein?

Jetzt gibt es Menschen, die haben eine hohe Ambivalenz-Toleranz, die sagen: „Das macht das Leben gerade so geil und aufregend.“ Und es gibt Leute, die ticken aus, wenn sie die Welt nicht mehr in Schwarz und Weiß unterscheiden können.

Wenn das beides zusammenkommt, ist das der perfekte Nährboden für Fundamentalismus. Und dann suchen wir besonders in unsicheren Zeiten einfache Lösungen. Wir brauchen einfache Lösungen. Wir brauchen ein einfaches, klares Fundament.

Erstens, wir brauchen eine klare Ideologie. So ist es. Check. Okay. Fundamentalismus braucht immer eine Ideologie. Alle Fundamentalisten sind auch Ideologen. Die Ideologie kann simpel sein: „Ich bin der Chef im Haus, weil ich der Mann bin.“

Die Ideologie kann sein: „Ab jetzt müssen wir alle Veganer sein.“ Die Ideologie kann sein: „Corona ist eine Lüge und da steckt eine große Verschwörung dahinter.“ Die Ideologie kann sein: „Rechts, links, Hardcore-Feminismus.“

Ich übertreibe jetzt einfach mal: „Wir schneiden jetzt allen Männern die Eier ab“, etc. Also immer dann, wenn es eine einfache, vereinfachende Ideologie gibt, ist das meistens ein Nährboden für Fundamentalismus.

Was brauche ich? Was ist eine Ideologie? Letztlich ist es eine Idee. Es ist simpel eine Idee. Aber sie ist meist

 gebunden an eine soziale Gruppe. Also meine Ideologie ist quasi mein Eintritt, meine Eintrittskarte in eine bestimmte Gruppe.

Also weil ich das so sage und weil ich das auch so sehe, gehöre ich in diese Gruppe und fliege aus einer anderen Gruppe raus. Nachvollziehbar? Nachvollziehbar. Also wenn du zum Beispiel anfängst, auf einer Party deine Ideologie zu verteidigen, das sind die ersten Zeichen.

Beispiele für Ideologien: Jede Religion. Und ich rede jetzt nicht von den Menschen, von den friedlichen Christen, die einfach sagen: „Für mich passt Christentum einfach am besten und ich lebe das still und nach meinen Werten“, sondern ich rede von denen, die sagen: „Hey, es gibt nur den einen Gott.“

Fußball kann zu einer Ideologie werden, ja? Also nur meine Mannschaft, alle anderen sind Gegner. Rassismus ist eine Ideologie. Feminismus – hier müssen wir gut aufpassen, nicht Feminismus in der Grundidee, aber wenn Feminismus total starr wird und gesagt wird: „So muss es sein und so darf es gar nicht sein“, ist das eine Ideologie.

Das führt dazu, dass innerhalb von sehr wichtigen, wertvollen Bewegungen plötzlich die Leute innerhalb der Bewegung sich total bekriegen, weil sie nicht mehr verbunden sind mit den Grundwerten, sondern anfangen, an eine Ideologie festzuhalten.

Antifa ist, wenn sie in den Kampf geht, eine Ideologie. Die sogenannte Identitätsbewegung, also die, die sich heute dafür einsetzt, andere Gruppen, die bis jetzt vernachlässigt wurden, mit ins Boot zu holen, kann – Achtung, wieder getriggert – kann zu einem Fundamentalismus führen, nämlich immer dann, wenn ich es anfange, als Kampf rüberzubringen.

Spirituelle Ideologien, ja, also ich hole hier alle bei mir zusammen, die von den Lemuren kommen oder wie auch immer diese vergangenen Zivilisationen, oder wir sind die Atlantiden und alle anderen, die keine Atlantiden sind, haben abgekackt. Wir gehören zu dem Guru, alle, die nicht dabei sind und so weiter.

Ernährungsideologien kenne ich aus meiner eigenen Erfahrung. Mein Gott, wie bin ich meinen armen Mitmenschen, meiner Familie, auf den Sack gegangen, in den Zeiten, als ich immer noch dachte: „Okay, die Ernährung, die ich jetzt gerade gefunden habe, ist die einzig richtige, und wenn ich Sprossen esse, dann müssen alle anderen auch Sprossen essen.“ Und Verschwörungsgeschichten.

Frage an dich: Hast du bei einem der Punkte Schnappatmung bekommen? Wenn du Schnappatmung bekommen hast, nochmal, ich will dir nicht deine Weltsicht wegnehmen, du kannst glauben, was du willst. Ich möchte dich heute einladen, reinzuspüren, wo du „Ha!“ machst. Nicht „Hey, so sehe ich das“, sondern „Ha!“. 

Wir brauchen eine Ideologie und wir brauchen, erinnere dich daran, meine Gruppe. Ich brauche meine Leute, mit denen teile ich, tausche ich mich dann aus, wir haben dann unsere Sprache und wir verstehen total, was Sache ist. Wir gegen die anderen.

Das ist der Ursprung von Fundamentalismus. Und das entsteht eine Haltung von entweder oder. Also entweder du bist Anhänger meiner Ideologie oder nicht. Entweder du gehörst zur anderen Gruppe oder nicht.

Entweder du bist für uns oder du bist gegen uns. Bis hierher ist schon richtig eng. Und ich bringe das auch deshalb, weil ich mir relativ sicher bin, dass viele von euch in diesen letzten anderthalb Jahren ungewohnt starke Konflikte erlebt haben in ihrem Berufsumfeld, in ihrem Familienumfeld, weil plötzlich nicht mehr normal gesprochen werden kann über bestimmte Sachen.

Plötzlich ist so eine Energie da, als wenn es ums Leben geht. Immer dann, wenn diese Energie da ist, ist Fundamentalismus. Oder wir sind sogar schon ein Stück weiter, wir sind eskaliert in den Fanatismus.

Was ist Fanatismus? Fanatismus kommt von „fanaticus“ und bedeutet witzigerweise „göttlich inspiriert“. Das heißt, die ursprünglichen Fanatiker, das waren die, die gesagt haben: „Ich habe Gott gesehen und Gott hat mir gesagt und deswegen kann ich euch jetzt allen anderen den Arsch versohlen, weil ich bin göttlich inspiriert.“

Und das ist meine Blanko-Vollmacht. Also ich meine Schachmatt. Weil ich meine, was willst du da noch sagen? Da ist jeder andere ein Loser, wenn ich göttlich inspiriert bin. Und ein Hinweis darauf, dass du anfällig bist für Fanatismus, muss nicht im religiösen Bereich liegen, sondern wenn du merkst, du hast das Gefühl von: „Also das, was du jetzt gerade von dir gibst, ist irgendwie außerwählt.“

Also das ist besonders und die anderen haben das gefälligst zu fressen. Im Kern ist es eine Besessenheit von einer Idee, von einer Weltsicht. Was brauchen wir jetzt, um aus dem Fundamentalismus, der schon nervend ist, in den Fanatismus zu eskalieren?

Erstens, und das ist ein Thema, mit dem ich mich vor kurzem intensiv mit Thomas Hübl unterhalten habe – also findet ihr das Podcast auf meinem YouTube-Kanal. Die meisten Menschen heutzutage haben Traumata in sich.

Mal ganz ehrlich, wen wundert’s auch? Wir sind verletzbar, wir sind klein, wir peilen so wenig, wir werden in eine Welt geboren, voller Chaos, ohne eine Bedienungsanleitung. Die meisten von uns haben schon in ihrer Kindheit Mist erlebt, etc.

Und Trauma bedeutet einfach: Ich habe Sachen erlebt, die ich nicht verarbeiten konnte, ich habe es weggepackt. Zusätzlich zu diesen individuellen Traumata kommen jetzt kollektive Traumata. Kollektive Traumata bedeuten zum Beispiel das, was den People of Color durch Sklaverei, durch Kolonialismus passiert ist.

Also wenn man sich da auch nur ein einzelnes Einzelschicksal herauspickt, wenn man sich auch nur einmal mit ganz offenem Herzen einen Film anschaut, wie zum Beispiel die Sklaven verschifft worden sind.

Es ist unmöglich, dass diese Menschen, aber auch wir als menschliches Kollektiv, das bis jetzt verarbeitet haben. Das Dritte Reich, was mit den Juden passiert ist, so viele Kriege, Pest oder sonst was.

Das heißt, wir können davon ausgehen, dass das kollektive Bewusstsein der Menschheit ordentlich Mist beiseite gepackt hat, weil es immer gedacht hat: „Okay, sorry, wir haben jetzt gerade nicht die Zeit oder wir haben noch nicht mal die Kapazität, wir haben nicht das Verständnis davon, was es bedeutet, zu heilen.“

Wir haben noch gar nicht gemerkt, wie zart wir eigentlich sind. Wir stehen auf diesem Schlachtfeld. Wir sind gerade runter. Da beginnt die nächste Schlacht, die nächste anstrengende Epoche. Lass uns das wegstecken, wegstecken, wegstecken.

Warum sage ich das an dieser Stelle? Weil wenn wir in einer Epoche geboren werden, die relativ ruhig ist, die relativ abgesetzt ist, was viele von uns, ich sage jetzt mal bis vor zehn Jahren in Deutschland, erfahren haben.

Dann ruhen diese Traumata, die ruhen. Aber in dem Augenblick, wenn wir gestresst werden, dann melden die sich, die werden natürlich durch den Stress berührt. Und Menschen mit einem Trauma haben zwei Möglichkeiten zu reagieren.

Das eine ist, wir reagieren mit Flucht oder Angriff, und zwar richtig doll, oder aber wir gehen in eine Schockstarre. Wenn du dir zum Beispiel islamistische Fundamentalisten anschaust, in welchen Kulturen dieser Welt, in welchen Kreisen dieser Fundamentalismus und dieser Fanatismus entstanden ist und was die Menschen dort erlebt haben, was nicht verarbeitbar ist, dann verstehst du, wie aufgrund dessen so etwas auftreten kann.

Eine Idee, die ich dir gern anbieten möchte – das ist kein wissenschaftlicher Beweis, aber für mich macht das total Sinn – ist, dass besonders durch diese letzten anderthalb Jahre, die uns ja alle massiv in unserer Vorstellung von Kontrolle erschüttert haben, bei ganz vielen Menschen eben nicht nur persönliche Traumata an die Oberfläche geholt wurden, sondern kollektive Traumata.

Da ist so viel in dieser Menschheit nicht geheilt, Leute. Da gibt es so viele Wunden, die nicht gesehen, nicht adressiert, geschweige denn geheilt worden sind. Die nächste Zutat, die ich brauche, ist das, was Sigmund Freud eine sogenannte narzisstische Kränkung genannt hat.

Ich weiß, heutzutage ist Narzissmus so ein bisschen wie eine Keule, die wir benutzen für eine ganz bestimmte Sorte von Menschen. Aber letzten Endes haben wir alle ein Ego, das mindestens ein bisschen narzisstisch ist.

Und was Sigmund Freud mit narzisstischer Kränkung gemeint hat, ist die Erfahrung, dass das Universum einfach nicht das macht, was wir wollen. Dass ständig Sachen passieren, über die wir keine Kontrolle haben und dass wir, wenn wir mal ganz ehrlich sind, irgendwie merken: „Hey, ich bin klein.“

Ich bin klein, ich mühe mich ab, ich baue vielleicht mein Business auf. Also wie vielen Leuten ist in dieser Corona-Zeit das Business, für das sie hart gearbeitet haben, einfach mal so weggenommen worden?

Das ist eine narzisstische Kränkung. Wenn mein Ego immer wieder dauerhaft Sachen erlebt, die es nicht verarbeiten kann und die mich einfach anpissen. Das nächste, was ich brauche, ist Verrat in den eigenen Reihen.

Erinnere dich daran, wir haben gesagt, um in diesem Universum Sicherheit zu finden, brauche ich eine einigermaßen stabile Weltsicht und ich brauche meine Gang, ich

 brauche meine soziale Gruppe. Das Schlimmste, was mir eigentlich passieren kann, ist, dass ich die Erfahrung mache und dass die Menschen, die zu meinem Inner Circle gehören, zum Beispiel meine Eltern, meine Geschwister, meine Arbeitskollegen, dass die, fuck nochmal, die Welt anders sehen als ich, und zwar an einer Stelle, wo ich denke, das müsst ihr doch alle so sehen.

Das ist eine doppelte narzisstische Kränkung. Ich werde gefickt durch das Universum und jetzt werde ich auch noch gefickt durch meine eigenen Angehörigen. Kannst du das fühlen? Also wenn du das selbst schon mal erlebt hast, dass du Menschen, die du total liebst, die dir nahestehen, die du total liebst und denkst, das kann jetzt nicht sein, das kann der nicht wirklich gesagt haben.

Ich zum Beispiel, ihr wisst ja, ich habe vor kurzem mir erlaubt, ein Video zu veröffentlichen, in dem ich glaube ich sehr klar rüberkomme, dass ich pro Impfen bin. Achtung, jetzt für alle, die Schnappatmung bekommen: Ich will dir deine Position zu dem Thema nicht wegnehmen, okay? Aber ich möchte das Recht haben, meine zu sagen, okay?

Warum sage ich das? Weil mir danach ganz viele Leute, also wirklich, ganz enttäuscht, wirklich bitterlich enttäuscht geschrieben haben, dass sie sich jetzt vor mir abwenden und das geht ja gar nicht, etc.

Das heißt, immer dann, wenn wir innerlich einem Menschen vereinnahmt haben, also der gehört mit zu unserem Fundament, ja, so und der macht dann einfach was anderes, dann empört uns das nochmal ganz doll.

Und jetzt kommt noch eine letzte Zutat. Um wirklich in diese Art von fanatischem Denken zu kommen – nochmal, denk mal bei Fanatikern nicht nur an Leute, die mit Bombengürteln Selbstmordattentate beginnen, sondern denk mal an das innerliche, besessene Verteidigen einer Idee.

Um dahin zu kommen, brauche ich die Erfahrung von Macht- und Bedeutungslosigkeit. Ich brauche das Gefühl, ich stehe etwas gegenüber, was größer ist als ich. Ich brauche zum Beispiel das Gefühl von: „Fuck, die Reichen dieser Welt, die machen einfach was sie wollen und ich kann sie einfach nicht erreichen.“

Diese ganze Corona-Sache, die Regierung und so weiter, die machen alle was sie wollen, ich kann sie nicht erreichen. Immer dann, wenn ich das Gefühl habe, ich bin machtlos, habe ich eigentlich nur zwei Möglichkeiten.

Entweder ich kollabiere, ich resigniere oder ich werde zum Fanatiker und dann ziehe ich in die Schlacht, dann fick ich euch so richtig. Und das alles zusammen – diese Punkte – führt und versucht das mal wirklich nicht nur intellektuell zu begreifen, sondern zu fühlen, weil dieses Video ist für mich ein Appell für Mitgefühl, für uns selbst, aber auch für andere, führt zu einer massiven Erschütterung meines Selbstwertes.

Kannst du es fühlen? Egal wie großkotzig irgendwelche Fanatiker in dieser Welt rumrennen, was die eigentlich sind, ist in der Tiefe zutiefst erschüttert in ihrem Wert, in ihrer Bedeutung. Und jetzt greift ein spannender psychologischer Mechanismus, der nennt sich eine selbstwertdienliche Unsicherheitsreduktion.

Also, mein Fundament ist total erschüttert, die Welt ist komplex, meine Verwandten machen, was sie wollen. Jetzt muss ich, damit ich wieder Klarheit gewinne, damit ich mich sicher fühle, Unsicherheit reduzieren.

Ich muss es eindampfen. Wie mache ich das? Erstens, ich brauche einen Gegner. Fanatiker brauchen immer einen Gegner. Schau, wenn ich einen Gegner habe, dann kann ich alles, was gerade eben noch so irritiert war, voll fokussieren.

Ich kann diesem Gegner feindselig mit Hass begegnen, ich kann das alles kanalisieren. Ich brauche mich mit meinem eigenen Scheiß, mit meiner Unsicherheit, mit meiner Ohnmacht, mit meiner Angst vor Bedeutungslosigkeit nicht mehr beschäftigen.

Ich habe einen Gegner und wenn ich einen Gegner habe, habe ich einen Bezugspunkt. Zweitens, ich brauche eine soziale Blase. Also ich brauche Leute um mich herum, die Ja und Amen sagen zu der Art und Weise, wie ich die Sachen sehe.

Ich suche nur noch Informationsquellen aus, die meinen Standpunkt bestätigen und ich klicke alle Freunde und Bekannte aus meinem Netzwerk, die sich wagen, anders zu denken und zu fühlen als ich. Drittens, ich besetze auf eine fanatische Weise Themen.

Also ihr wisst, dass wir selbst für Gendern sind. Ich weiß als jemand, der Hypnose studiert hat, über die Macht von Sprache und deswegen ist für mich total klar, dass wir unsere Sprache verändern müssen.

Wenn ich jetzt diese super wichtigen Themen nehme und plötzlich total fanatisch werde und anfange, Leute total zu attackieren, die es einfach nicht checken. Das heißt, ich besetze dieses Thema mit meinem ganzen Problem, dann geht es ja eigentlich gar nicht mehr um das Thema, sondern eigentlich lebe ich über dieses Thema meinen Schatten aus.

Viertens, ich brauche Zwänge und Rituale. Das heißt, es geht einfach nur noch so. Also es ist zum Beispiel nicht möglich, mal über ein Thema einen Witz zu machen. Nein, das geht einfach nicht mehr.

Das ist ganz wichtig, dass wir es immer auf die selbe Weise machen. Angefangen von dem Familienvater, der der Meinung ist, der muss der ganzen Familie jetzt seine Regeln aufzwängen, das muss alles so machen.

Bis über die Kirche, die sagt, so und so muss man sich Gott nähern. Bis zu Hardcore-Feministinnen, die sagen, nur so ist es richtig, alles andere ist falsch. Wenn ich das mache, sublimiere ich – dieser ganze Scheiß, meine ganze menschliche Verletzbarkeit, also das, worüber wir gerade gesprochen haben, meine Fragilität – ich sublimiere, sublimieren heißt, ich wandle es um in etwas Höheres, ich bin derjenige, der berufen ist, ich bin diejenige, die allen Leuten die Wahrheit bringt und wenn ihr die Wahrheit nicht so nehmen wollt, dann bringe ich sie euch mit Gewalt. Und vor allen Dingen ganz wichtig, ich erhöhe mich.

Fanatiker erhöhen sich. Immer dann, wenn du und ich, wenn wir uns innerlich erhöhen, also wenn wir das Gefühl haben, wir sind besser als diese andere Gruppe, fühlen wir uns besser, stimmt’s?

Das ist der billigste Trick, unser Selbstwert aufzupumpen, indem wir uns erhöhen. Also, um mal von Extrembeispielen runterzukommen, damit das praktisch wird für heute Abend: Jedes Mal, wenn du und ich unsere Wahrheit, auf die wir allen Recht haben, mit verbaler, emotionaler oder körperlicher Gewalt anderen aufzwingen wollen.

Also, wenn wir den Bewusstseinsstrom der anderen okkupieren wollen, wenn wir den anderen zwingen wollen, so zu denken, so zu fühlen, so zu sprechen und zu handeln, anstatt mit ihnen in einen Dialog zu treten, ist es Fanatismus.

Selbst wenn es ein intellektueller Fanatismus ist, ein moralischer Fanatismus ist, selbst wenn es einer noch so guten Sache dient, es ist Fanatismus. Und jetzt mal ganz ehrlich, lass uns mal auf den Punkt kommen.

Also, versuch mal dich zu erinnern, wann du das letzte Mal eine wirklich hehre Idee oder eine Wahrheit, die du herausgefunden hast, verteidigt hast. Mal angenommen, du hast tatsächlich eine für uns wichtige Wahrheit herausgefunden. 

Was glaubst du wohl? Also, angenommen, du hast etwas gefunden, wovon du wirklich glaubst, das müssen alle checken. Weil ich bin hundertprozentig überzeugt, wenn alle das checken, geht es uns allen besser.

Was glaubst du wohl, was die beste Art ist, das zu tun? Glaubst du wirklich, wenn du mal tief durchatmest und zurücktrittst und dir vor allem die Ergebnisse anschaust, dass du mit der Haltung von Fundamentalismus und Fanatismus diese hehre Idee dauerhaft unter die Menschen bringst? Oder bist du bereit zu sehen, dass das eigentlich letzten Endes mehr verprellt?

Gerade dann, wenn wir der Meinung sind, wir haben etwas wirklich Wichtiges gefunden, was allen anderen weiterhelfen könnte, sollten wir – das ist meine Meinung – dieser Tendenz in uns entgegenwirken.

Denn Fundamentalismus und Fanatismus erschaffen immer Gegner, immer. Überprüfe das für dich. Wenn du innerlich zu der Wahrheit, die du hast, Gegner aufbaust, dann tauchen sie im Außen auf. Und es sieht so aus, als wenn du der einsame Held, die Heldin wärst und für eine gute Sache in die Schlacht ziehst, aber könnte es eventuell sein, dass erst diese verbohrte Haltung in uns die Gegner überhaupt erst erschaffen hat?

Alle, die jetzt Schnappatmung bekommen haben, atme tief durch, merk dir die Stelle. Ich will dir gerade nichts wegnehmen. Ich möchte dich nur einladen, hinzuschauen. Wo kämpfst du? Und vielleicht für eine wirklich supergute Sache.

Das ist der traurige Witz. Du sabotierst damit dein wahres Anliegen. Ich bin noch hundertprozentig überzeugt davon, dass zum Beispiel die ersten Missionare, die haben wirklich, die haben an Gott geglaubt, aber die haben ihr Anliegen, nämlich Menschen mit diesen Werten zu überzeugen, einfach voll verkackt.

Es gibt viele Untersuchungen darüber, dass radikale, elitäre, scheinbar innovative Bewegungen aufgrund ihres Auftretens mehr Gegenkräfte erzeugen, mehr Menschen heranziehen, die sagen: „Lass mich damit in Ruhe, dann mache ich es erst recht so.“

Als sie zu

 überzeugen. Also du sabotierst dein eigenes Anliegen, wenn du diese Haltung annimmst. Und jetzt für all diejenigen unter uns, und da beziehe ich mich mit ein, ganz selbstkritisch: Die sagen: „Hey, ich bin nicht fundamentalistisch.“

Aber wenn ich ehrlich bin, mache ich mich manchmal lustig über Leute, die in letzter Zeit durchdrehen. Ich mache mich lustig über Leute, die extreme Standpunkte einnehmen. Was ist dieses Lustigmachen anderes?

Und nochmal, ich stelle mich da mit dir an die Linie. Was ist dieses Lustigmachen anderes, als dass wir uns innerlich überhöhen? Indem wir Teile unserer Bevölkerungsgruppe zum Beispiel, mal angenommen, du bist so jemand, der gerade an dem Punkt steht, dass du sagst: „Hey, ich bin fürs Impfen.“

Also das ist meine Position. Ich habe die sorgfältig überprüft, ich bin fürs Impfen. Wenn du dich innerlich lustig machst oder aufregst über die anderen, die auf ihrem Weg der Bewusstseinsbildung zu anderen Schlüssen gekommen sind, ist das in meinen Augen auch Fundamentalismus.

Es ist auch eine Arroganz von Standpunkten, die über den anderen erhoben wird. Und wenn wir ganz ehrlich sind, es bringt keine Brücke, sondern diese Art von Ironie, die wir heute ganz häufig in der Presse, etc. sehen.

Und ich bin kein Typ, der sagt „Oh, Fake News“, etc., aber diese Art von sarkastischem Berichten, anstatt zu sehen und zu verstehen: Wir leben in einer Gesellschaft, die einer so brutalen Zerreißprobe ausgesetzt ist und so viele Menschen kommen mit ihrem Stress nicht mehr klar und ja.

Es verunsichert mich total, dass jemand zu diesem Thema zu einem anderen Standpunkt kommen kann als ich. Kann ich das aushalten? Kann ich im Dialog bleiben? Oder gehe ich in die Haltung von Arroganz, was für mich nichts anderes ist als eine versteckte Art von Fundamentalismus.

Und jetzt komme ich zum eigentlichen Teil. Ich möchte mit dir darüber reden, wie eine mögliche Heilung aussehen könnte, wie wir dieses Feuer löschen könnten. Die gute Nachricht ist, wenn du bisher offen gelauscht hast, also wenn du mich noch nicht völlig…

gekänzelt hast – das ist ja heute, die Cancel-Kultur – wenn du mich nicht jetzt schon völlig abgeschrieben hast: „Der Idiot, der versteht ja gar nichts“, sondern zuhören konntest und ihm eine Chance gegeben hast, dann bist du definitiv jemand, der nicht komplett verbannt ist im Fundamentalismus, sondern du bist offen, dich berühren zu lassen.

Das ist schon mal cool. Hier meine Vorschläge, und nochmal, ich will dir niemals etwas einreden, ich will dir nur sagen, was bei mir funktioniert, ja? Das Erste ist: Stoppe den Fight. Also nicht den Fight mit „V“, sondern den Fight mit „F“.

Also wenn du merkst, du kämpfst, stopp das. Und dann meine ich nicht, verstehe mich bitte nicht falsch. Also für eine Sache zu demonstrieren, für eine Sache zu kämpfen, ist etwas anderes als gegen den Standpunkt der anderen zu kämpfen.

Also wenn du in einer Diskussion mit deinen anderen Familienmitgliedern, wenn dieser Punkt kommt – und ich glaube, wir kennen ihn alle mittlerweile ziemlich gut – wenn ein Wort gesagt wird, ein Thema angesprochen wird, und plötzlich kippt die Stimmung in Fundamentalismus.

Geh du raus aus dem Kampf. Versuch dem anderen nicht, deine Meinung überzustülpen, sondern übernimm – und das ist für mich der schwierigste Teil – übernimm Verantwortung für deinen Schatten.

Was meine ich damit? Schau, da ist ein Thema, was dir wichtig ist. Du kannst dir überlegen, was das Thema ist: Antirassismus, Feminismus, Gendern, Impfen, bla, bla, bla. Also du hast ein Thema, das dir wichtig ist.

Und nochmal, du hast ein Recht auf jedes Thema. Also dieses Thema jetzt zum Beispiel ist mir total wichtig. Deswegen rede ich darüber. Aber das Thema ist eingepackt bei Fundamentalisten in eine Ladung. Und diese Ladung wirkt wie eine Bombe im anderen System und macht es unmöglich, dass das Thema überhaupt erst mal in Ruhe angehört wird.

Und du musst lernen – und das ist Schattenarbeit, und da sage ich wirklich, du musst es lernen – zu unterscheiden zwischen deiner Ladung, die immer zu dir gehört, immer. Ich sage es nochmal: immer. Und dem Thema und dem Fakt.

Weil ja, es ist möglich, über jedes Thema, egal wie wichtig, friedvoll und klar zu sprechen, einladend zu sprechen, tolerant zu sprechen, verbindungsaufbauend zu sprechen. Die Ladung, es ist deine Ladung. Du regst dich nie wegen dem Thema auf.

Das klingt besser, wenn wir sagen können: „Im Namen der Gerechtigkeit bin ich gerade im heiligen Zorn, weil ich denke, ich bin mit meiner Gang, die die Wahrheit sehen, habe ich das Recht, alle anderen anzupissen.“ Schattenarbeit gilt für alle anderen, aber nicht für mich und das Thema.

Hier machen wir mal kurz eine Pause, das ist eine Ausnahme, weil hier ist das angebracht, dass man so ausrastet. Sorry Leute, bei Schattenarbeit gibt es keine Ausnahme, es ist immer unser Schatten.

Frieden in dir und Frieden mit anderen Menschen tritt immer erst dann ein, wenn die Wahrheit auf der tiefsten Ebene kommuniziert ist. Wann immer du Krieg erlebst, in der Kommunikation mit anderen Menschen, kommunizierst du nicht auf der tiefsten Ebene. Wenn du merkst, dass du mit deinem Standpunkt immer wieder auf Widerstand im Außen triffst, kommunizierst du nicht auf der tiefsten Ebene.

Du hast ein Thema, das dir wichtig ist, aber du kompensierst über dieses Thema deine eigene Unsicherheit, deine Verletzbarkeit, deine Kindheitsissues und was auch immer. Deinen ganzen existenziellen Stress haust du da rein und das ist nicht sauber und da kommt es zu einer Vermischung und diese Vermischung erzeugt immer wieder Widerstände und Widerstände und Widerstände.

Also, mach Schattenarbeit. Wenn du mich fragst, ist es viel anstrengender als sich zu empören und es ist viel cooler. Nächster Punkt: Wenn du erkannt hast, dass es dein eigener Schatten ist – ich meine, es ist völlig normal, ich bin auch nur ein Mann, ich werde tierisch getriggert, also was ich als erstes mache, zumindest wenn ich mich erinnere – und ich erinnere mich Gott sei Dank immer häufiger – komm runter.

Das heißt, kühl dein limbisches System runter. Also wenn du irgendwo ein Video siehst, das dich total aufregt, ja, oder du hörst was und das regt dich auf, wisse einfach, wenn du in dieser Schnappatmungsenergie bist, das nächste, was du sagst, wird Kriegerzeugung.

Das ist ganz simpel, weil du gerade von deinem limbischen System besoffen gemacht bist. Komm runter. Mein Schatten, meine Gefühle, ich kriege das im Griff, ansprech in Ruhe. Nächster Punkt: wie schon gesagt, Verzicht auf Abwertung.

Wenn wir miteinander ins Gespräch gehen und einer von uns beiden oder wir beide dem jeweiligen anderen verklickern: „Dein Standpunkt ist doof“, egal ob ich das mit Gewalt mache und sage, du darfst das nicht denken oder mit Ironie, kreiert Probleme, kreiert immer wieder Feinde.

Nochmal, vielleicht bin ich so sensibel dafür, weil ich bin in einem System groß geworden, das sich angemaßt hat, den Bewusstseinsstrom von Millionen von Menschen zu okkupieren und zu sagen: „Das und das dürft ihr nicht denken, so und so müsst ihr denken, weil wir wissen, dass wir die Wahrheit gefressen haben, wir stehen auf der richtigen Seite.“ Es funktioniert so nicht.

Nächster wichtiger Punkt: Kreiere Heilungsbiotope. Was heißt das? Also, ich hoffe, ich konnte rüberbringen, dass Fundamentalismus aus Stress und Verwundung heraus entsteht. Das heißt, wir brauchen Räume, zuerst einmal für uns selbst, wo wir durchatmen können.

So vieles in den sozialen Medien ist so überhitzt heutzutage. Komm erst mal runter, geh in die Natur, mach irgendwas, was dir hilft, zur Ruhe zu kommen und ins Vertrauen zu kommen. Und das sind manchmal kleine Sachen, das können Sachen sein wie: Ich stoppe mal für eine Weile alle Ideologien, ich ziehe mir die Schuhe aus und gehe barfuß über eine Wiese, ich schreibe mal wieder handgeschrieben einen Liebesbrief an jemanden.

Ich grabe den Garten um. Ich sorge dafür, dass ich erst mal für mich ein Heilungsbiotop schaffe, das dieser Ambivalenz des Lebens gut aushalten kann. Und dann kreiere ich Heilungsbiotope mit anderen.

Heilungsbiotope brauchen klare Regeln. Klare Regeln heißt zum Beispiel: kein Angriff. Wenn wir die Erfahrung machen im Gespräch, dass es jederzeit passieren kann, wenn jemand etwas sagt, also zum Beispiel heute.

Also ich bin zum Beispiel ein Weißer, der begriffen hat, dass ich zum Thema Rassismus ganz viel noch lernen muss und darf und will. Aber macht mir das Spaß in einer Umgebung, wo ich mit Leuten umgeben bin, die jedes Mal, wenn ich in irgendein Fettnäpfchen trete, irgendwas falsch sage, sofort geifernd über mich herfallen? Nee, ich werde wahrscheinlich einfach gar nichts mehr sagen.

Macht das einem Mann Spaß, der vielleicht gerade anfängt, unbeholfen seinen Weg zu gehen, der sagt: „Okay, irgendwie fange ich an zu begreifen, da ist was dran mit dem Patriarchat, ich fange an, mich damit zu beschäftigen.“ Macht ihm das

 Spaß, wenn er jedes Mal, wenn er nicht gendert oder einen plumpen Witz macht, gleich wieder eins auf die Fresse kriegt? Nee. Wir brauchen klare Regeln. Klare Regeln heißt kein Angriff.

Respekt. Respekt dafür, dass du die Dinge anders siehst, drückt mir die Knöpfe, aber Respekt. Ich pisse dich dafür nicht an. So kommt die erste Stufe von Sicherheit dran, so dann kann ich schon mal durchatmen.

Und jetzt können wir anfangen, wir beide, obwohl wir vielleicht wissen, wir haben zu bestimmten Themen echt andere Meinungen, wir können anfangen, geistige Nähe aufzubauen. Wir können zum Beispiel sagen: „Okay, wir merken, das Thema ist mit Dynamit besetzt.“

Lass uns erst mal zusammen grillen, lass uns daran erinnern, was wir schon Gutes miteinander erlebt haben. Lass uns voneinander hinsetzen und einander unsere Geschichten erzählen. Damit du verstehst, warum ich so bin, wie ich bin, erzähl mir was von deinen Verletzungen, von deinen Ängsten, anstatt mir deine Ideologie um die Ohren zu knallen.

Deine Geschichte hilft mir Vertrauen aufzubauen. Also wenn wir uns nicht mehr auf Ideologien konzentrieren – „du musst es so sehen“ – sondern auf Bedürfnisse, zum Beispiel: „Ich bin genauso verunsichert wie du, ich wünsche mir genauso wie du, dass wir in einer guten Welt leben.“

Wir sehen die Dinge gerade noch anders, aber können wir bitte runterkühlen und können wir heute zusammen Eis essen gehen? Können wir mal, obwohl du gerade total der Meinung bist – ich kriege wirklich solche Nachrichten, das ist mit den Leuten schräg – „Veit, du bist in einem Jahr gestorben, weil du dich hast impfen lassen und keine Ahnung was noch.“ Können wir darüber alle mal einen Witz machen?

Können wir mal Time-out machen und einen Witz darüber machen, Leute? Der Witz nimmt dir nicht deine Position weg, aber einfach mal einen Witz machen und aus einer größeren Perspektive auf diese kleinen Ameisen unten schauen, die alle gerade ziemlich aufgescheucht sind.

Noch ein ganz wichtiger Punkt: erinnere dich daran, wir haben vorhin darüber gesprochen, ein ganz wichtiger Nährboden für Fanatismus ist Machtlosigkeit. Also, du musst in die Selbstwirksamkeit kommen.

Und Selbstwirksamkeit heißt nicht, ich haue dem, der anders denkt, auf die Fresse. Selbstwirksamkeit heißt, ich überlege mir, was kann ich zur Lösung beitragen. Also zum Beispiel, dieses Video gibt mir das Gefühl, ich bin selbstwirksam.

Wenn ich zehn Menschen damit erreiche, die nachdenken und die ab jetzt mit Mutter und Onkel etc. ein bisschen gechillter werden, habe ich das Gefühl, ich bin ein Teil der Lösung. Wie kannst du selbstwirksam sein?

Nochmal, nicht gegen, sondern für. Wie kannst du Menschen berühren? Wie kannst du, wenn du wirklich der Meinung bist, du hast eine geile Wahrheit herausgefunden? Anstatt allen immer nur ans Bein zu pinkeln, die Sache noch unnötig verkompliziert zu machen, wie kannst du einladend sein?

Ja, ja, ich kann, wenn ich zum Beispiel der Meinung bin, Veganismus ist das Nonplusultra. Eine Strategie ist, ich laufe durch die Gegend und mache jedem ein brutales schlechtes Gewissen, der noch Fleisch isst.

Oder aber ich gehe in ein Labor und stelle einen Burger her, der wie Fleisch schmeckt. Du kriegst den Punkt, was ich mit Selbstwirksamkeit meine. Und jetzt kommt noch was zum Abschluss, was vielleicht erst mal ein bisschen sperrig klingt für die, die den Begriff nicht kennen: fördere dein integrales Bewusstsein.

Erinnere dich, ich habe am Anfang diese Spirale gezeigt, ich habe gesagt, der Witz an dieser Spirale ist, dass je nachdem, wo Menschen gerade stehen, sie immer der Meinung sind, sie haben die einzig mögliche Wahrheit.

Und diese ersten sechs Stufen der menschlichen Bewusstseinsentwicklung haben alle, was das betrifft, eine relativ geringe Ambivalenztoleranz. Das heißt, weil ich denke, dass wie ich es sehe, ist das einzig Richtige, muss ich die anderen eigentlich angreifen.

Auch wenn ich das vielleicht nur geheim mache. Integrales Bewusstsein ist die siebte Stufe. Und die siebte Stufe besteht darin, dass ich plötzlich fähig bin – und das ist nicht ausgedacht, sondern das ist nachgewiesen.

Ich schaue auf diese Spirale runter und ich sehe plötzlich, diese Spirale hat mich hierher gebracht. Und jede Perspektive hat die nächste Perspektive hervorgebracht. Ich könnte meine elitären Gedanken von Gleichheit, etc.

gar nicht denken, wenn meine Vorfahren nicht diesen ganzen Kakao durchgemacht hätten. Und ich beginne plötzlich zu sehen, auch wenn es schwer erträglich ist, dass jeder Mensch auf diesem Planeten das Recht hat.

Erstmal das Recht, dort zu stehen, wo er steht und die Welt so zu sehen, wie er sie sieht. Denn wenn ich sein Leben gehabt hätte, seine Ahnen gehabt hätte, seine Umstände gehabt hätte, ich würde genau an der selben Stelle stehen und würde es genauso sehen.

Er muss da nicht stehen bleiben. Aber wenn ich ihn immer und immer wieder bekämpfe, dann bleibt er da stehen. Wenn ich ihn abhole, wenn ich ihm zuhöre, wenn ich ihm gute Fragen stelle, entwickelt er sich weiter und das ist integrales Denken.

Fassen wir nochmal zusammen. Mein Interesse ist nicht, dass du jetzt rumläufst und sagst: „Du bist Fundamentalist, du denkst fanatisch“, sondern dass du in den Spiegel schaust. Deswegen möchte ich dich heute Abend einladen, wenn dich das Thema bewegt und berührt, dich einfach nochmal hinzusetzen, jetzt gleich danach am besten, und dich zu fragen: Wo erkennst du bei dir Fundamentalismus und Fanatismus?

Und wo greift es in dein Denken ein und setzt sich ab? Entweder ganz offen oder wenn du mal ganz ehrlich bist, in dir. Schreib es einfach erstmal auf. Ich hoffe, es ist rübergekommen, dass es total menschlich ist und wir dürfen uns weiterentwickeln.

Und dann frage dich ehrlich, ob du Teil der Lösung sein möchtest. Ich habe bewusst ehrlich gesagt, weil manchmal ist es ehrlich, wenn du sagst: „Nee, ich will gerade nicht Teil der Lösung sein, ich will einfach allen anderen, die anders denken als ich, eine reinhauen und dann fickt euch.“

Manchmal hat man so eine Phase, das ist besser, als wenn du dann so tust, als wenn du Teil der Lösung sein möchtest. Teil der Lösung zu sein, ist anstrengender, viel anstrengender, braucht viel mehr Geduld, braucht ein viel offeneres, größeres Herz.

Aber wenn du Teil der Lösung sein möchtest, dann nimm diese Frage nochmal als Mantra in deine kommenden Tage: Wie kann ich Frieden bringen? Wie kann ich dort, wo ich bin, Frieden bringen? Und sei es, indem ich über meinen Schatten springe und jemandem, den ich gerade eben noch als Feind gesehen habe, ein echtes, aufrichtiges Kompliment mache.

Ich wünsche mir so sehr, Leute, dass diese mega lange, nervige Krise auf so vielen verschiedenen Ebenen nicht sinnlos war, sondern dass wir reifen. Denn das ist nicht die letzte. Die nächsten zehn Jahre werden taff, Leute, werden richtig taff.

Und je mehr Menschen ihrem inneren Fundamentalismus widerstehen können, umso mehr können wir wirklich miteinander kooperieren. Und das wünsche ich mir von Herzen. Also deswegen wirklich die Bitte an dich: stell dich den Fragen, damit das Thema für dich persönlich wird.

Das war eine Folge aus dem Podcast „Seelengevögelt – für die Rebellen und Rebellinnen des Geistes“. Hat dir die Folge gefallen? Wenn ja, freuen wir uns sehr über deine Bewertung. Außerdem kannst du den Podcast abonnieren und bleibst so immer auf dem Laufenden.

Wir danken dir für dein Zuhören. Es ist schön, dass du da bist.

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