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Die Wissenschaft der Potenzialentfaltung – Gerald Hüther im Gespräch mit Veit Lindau – Folge 8

Beim folgenden Text handelt es sich um automatisch generierte Zeilen des von Veit Lindau eingesprochenen Podcasts. Diese wurden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz korrigiert, sodass sie weitgehend korrekt sind. Für etwaige Fehler entschuldigen wir uns. Den Originalpodcast kannst du über die untere Player-Leiste hören.

Die Wissenschaft der Potenzialentfaltung – Gerald Hüther im Gespräch mit Veit Lindau – Folge 8

Mein heutiger Gast im Podcast ist dir sicher bekannt, Professor Gertüter. Ich hatte vor einiger Zeit die Gelegenheit, ihn privat zu treffen und ihn mit all den Fragen zu löchern, die mich bewegt haben. Die Erkenntnisse seiner Arbeit sind für meine Arbeit als Coach, als Trainer, aber auch als Autor wegweisend gewesen. Vor ungefähr zehn Jahren hatte ich in Bezug auf meine Arbeit, in der ich unzufrieden war, das Gefühl, boah, es gibt so viel wertvolles Wissen da draußen, aber wir Menschen lernen nicht schnell genug. Und wenn wir etwas begreifen, vergessen wir es wieder. Ich habe mich damals angefangen, nochmal viel intensiver mit unserem Gehirn auseinanderzusetzen, mit der Frage, was bedeutet es eigentlich zu lernen? Warum ist für Erwachsene Lernen oft mit Stress und Frust verbunden? Und warum verändern Kinder sich so dramatisch, wenn sie voller Neugier mit leuchtenden Augen aus dem Kindergarten in die Schule wechseln? Die Aufnahmequalität ist nicht die beste, weil das Gespräch, wie gesagt, unter privaten Bedingungen stattgefunden hat. Aber ich wünsche dir ein offenes Ohr, weil ich glaube, dass wir alle Lehrer füreinander sind, für unsere Kollegen, für unsere Kinder und letztendlich auch für uns selbst. Viel Freude mit dieser Episode, sie wird nicht die einzige sein, wir haben mehrere Beiträge von Prof. Gerhard Tüter. Viel Spaß dabei.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, mit mir zu sprechen.

  • Das ist kein Problem, ich mache das gerne. Ich freue mich auch.

Schön. Für die Zuhörer nochmal zum Hintergrund von unserem Gespräch. Wir haben uns ja vor, ich glaube, vor zwei Monaten kennengelernt, als du deine Grundthesen vorgestellt hast. Ich saß da als Mensch, als Vater, als Liebender und auch als Coach, als Initiator eines Netzwerks. An ganz vielen Stellen hat es Klick gemacht und jedes Klick hat bei mir zehn Fragen ausgelöst. Diese Klicks und die vielen Fragen haben mich sehr berührt. Zum Beispiel hat es auch meine Beziehung zu meiner Tochter reflektieren lassen. Sie ist jetzt 26, und es hat mich betroffen gemacht zu sehen, in welchen Situationen ich sie als Objekt behandle. Das hat mich auch als Coach interessiert, weil mir klar wurde, dass viele Ratgeberbücher diesen Subton haben, Objekte zu korrigieren oder zu optimieren.

Ich freue mich sehr, dass wir jetzt hier sitzen. Ich möchte gerne noch einen Punkt teilen: Als wir zurückkamen, haben wir ein Live-Video für unsere Leute bei Human Trust gemacht und erwähnt, dass uns das Gespräch sehr berührt hat. Viele Menschen haben danach geschrieben, dass es schön ist, dass wir zusammenkommen, weil Prof. Gerhard Tüter mich schon so lange begleitet. Ich sehe mich hier als Stellvertreter dieser Menschen, die viele praktische Fragen zu dem haben, was du seit Jahren klar in die Welt gibst.

  • Ja, das ist ja etwas, was ich mache, weil ich es einfach nicht leiden kann, dass so viele Menschen die Möglichkeiten, die ihnen das Leben bietet, gar nicht richtig nutzen können. Manchmal sind das äußere Gründe, aber oft klemmen sie auch in sich selbst fest. Dann kommen diese Experten und Ratgeber und sagen ihnen, wie es weitergeht und wie sie es zu machen haben. Es ist schön, dass du gemerkt hast, dass das einem selbst allzu schnell passiert. Seitdem ich das verstanden habe, habe ich eine ganz andere Intention. Es geht nicht darum, den Leuten zu sagen, was sie tun sollten, sondern darum, ihnen Wissen und Erkenntnisse zu geben, die sie in die Lage versetzen, eine bewusste Entscheidung zu treffen. Das bedeutet, dass ich immer versuche, den anderen zu ermächtigen, dass er eine für sich gute Entscheidung treffen kann.

Viele Entscheidungen, die wir treffen, sind weder gut durchdacht noch hinreichend bewusst getroffen. Das geht dann irgendwie, man macht das so. Und dann nimmt man diese Frau, weil sie einem gerade gut gefällt, oder wählt diesen Beruf, weil man denkt, er sei etwas Besonderes. Oder man zieht in diese Stadt oder tut sich mit jenen Leuten zusammen. Es wäre gut, wenn man bei der einen oder anderen Stelle vorher innegehalten und sich gefragt hätte, warum man das überhaupt so machen will und ob man das wirklich will. Das führt zu Bewusstheit, und ich glaube, darum geht es dir und deiner Arbeit. Die Frage ist, wie kann man anderen Menschen helfen, in diese Art von Bewusstheit hineinzufinden?

Denn eines ist klar: Man kann niemanden zwingen, nachzudenken, bevor er handelt. Da müsste man ganz andere Wege gehen. Und nach diesen Wegen suche ich. Das interessiert mich einfach, wie Menschen etwas, das gut für sie wäre, für sich selbst annehmen können, obwohl es im Widerspruch zu dem steht, was sie tun und oft auch, was sie für richtig halten. Das ist die große Kunst. Und an der Stelle entscheidet sich auch, wohin die Entwicklung dieser Menschen läuft. Wenn wir weiter so unbewusst umhertappen und alles zu Grunde richten, dann haben wir es nicht verdient, auf diesem wunderschönen Planeten noch lange zu leben. Es wird langsam Zeit, dass wir aufwachen.

In der Vergangenheit war das nicht so nötig, weil der Wirkungsradius oder heute nennt man das den ökologischen Fußabdruck, den jeder einzelne Mensch produziert, in der Vergangenheit eher bedeutungslos war. Jetzt wird er immer größer, und damit fangen wir an, diese Erde zu zerstören und damit unsere eigene Lebensgrundlage. Und so blöd muss man erst mal sein. Das Drama ist, oder der Haken an der Sache, das wird mir immer bewusster, je mehr ich mich mit deinen Inhalten beschäftige, dass wir alle einen Prozess durchlaufen haben, der uns, wenn wir ihn durchlaufen haben, überhaupt nicht mehr bewusst ist. Es gibt keine bewusste Erinnerung, zumindest bei den meisten, daran, wie es mal anders war. Wir haben diese Art des ausgewogenen, strukturierten, vorgekauten Denkens dermaßen verinnerlicht, dass wir gar nicht mehr wissen, dass das eigentlich nicht natürlich ist.

  • Wahrscheinlich ist es noch komplizierter, weil die meisten Menschen, die aus der Schule kommen und die man dann beim Studium oder im Beruf trifft, würden sagen, dass sie alles ganz bewusst machen. In gewisser Weise stimmt das auch. Aber man kann ja sogar bewusst gegen sich selbst und das, was man eigentlich braucht, handeln. Zum Beispiel brauche ich ab und zu mal eine Pfeife. Das weiß ich, dass das nicht gut ist, aber ich mache es trotzdem. Und wir alle fahren mit dem Auto, obwohl wir wissen, dass das nicht gut ist. Aber wir machen es trotzdem. Manche fahren dreimal in die Südsee, kaufen sich eine Insel irgendwo, versauen die Welt und denken sich nichts dabei, weil sie es für wichtig halten, diese Insel zu haben.

Diese Art von Bewusstheit, die wir uns wünschen, ist nicht nur, dass man sich bewusst macht, was man tut, sondern dass man es sich in einer Art und Weise bewusst macht, die auch andere Menschen und andere Lebewesen auf dieser Erde einbezieht. Wir wünschen uns eine Bewusstheit, die den Nächsten in unser Erleben mit einbezieht und die dazu führt, dass Menschen bewusst handeln und keinem anderen Menschen schaden wollen. Und das auch nicht tun. Wir wünschen uns das nicht nur für Menschen im Umgang miteinander, sondern auch im Umgang mit anderen Lebewesen. Dass sie nicht so leben, dass andere unter ihnen leiden. Ob das Haustiere sind oder aussterbende Wildtiere, die in der von uns verursachten Kulturlandschaft nicht mehr überleben können, das ist dann egal. Wir wünschen uns eine Bewusstheit, die die Buntheit und Vielfalt dieser Welt aufrechterhält, weil sie sich dessen bewusst ist, dass das eine wesentliche Voraussetzung für unsere Existenz ist.

Das ist eine ganz andere Bewusstheit als die, von der die meisten reden, wenn sie sagen, ich weiß doch, was ich tue. Klar, jeder weiß mehr oder weniger, was er tut. Die entscheidende Frage ist, wie kann man jemanden dazu bringen? Wie kann man mit jemandem in einen Dialog treten, der dazu führt, dass er sich für solche Fragen öffnet, die nicht nur ihn und sein Tun betreffen, sondern auch die Auswirkungen seines Denkens, Fühlens und Handelns auf andere Lebewesen, Menschen, Kollegen, Freunde und Kinder. Da ist die große Kunst, wenn man das versucht, sich endlich damit abzufinden, dass man es mit Argumenten nicht schafft. Das ist nichts Kognitives. Man kann ihnen alles erklären, kann sagen, es ist doch logisch, dass der Fußabdruck zu groß ist und dass dein Verhalten dazu beiträgt, dass die Erde runtergeht. Klar, wissen sie das. Das ist nicht das Thema, sondern sie können sich nicht darauf einlassen. Deshalb glaube ich, müssen wir langsam anfangen, darüber nachzudenken, wie man Menschen nicht nur mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen erreicht. Erst dann passiert etwas. Vorher bleibt es meistens kognitives Gequake.

Was mir aufgefallen ist, als wir damals bei dir waren und ich dir zugehört habe, ist, dass du sehr drastische Dinge auf eine fast beiläufige Art und Weise gesagt hast. Das hat es mir zum Beispiel leicht gemacht, es weder als Angriff noch als Hefeid zu sehen. Es hat sich eher so angefühlt, als wenn sich da jemand in meinen Traum reinschmuggelt und an manchen Stellen ein Bäumchen fallen lässt, das plötzlich wirkt wie ein Virus und etwas in mir erinnert. Das bewegt mich seitdem sehr. Ich habe mich früher im Spaß als militanter Reformer bezeichnet und wenn ich etwas sehe, das mir bewusst wird, dann laufe ich Gefahr zu denken, das müssen jetzt ganz schnell ganz viele Menschen auch sehen und erkennen. Das ist definitiv nicht der Weg. Das war eines meiner Klicks, als ich damals zugehört habe, dass ich gemerkt habe, in dem Augenblick mache ich den anderen schon zum Objekt. Und in dem Augenblick werde ich zum Lehrer, der vor dem anderen steht und sagt, Leute, ihr müsst jetzt diese Erkenntnis haben. Das ist für mich wirklich eine spannende Frage. Aber bevor ich da wirklich näher hingehe, möchte ich gerne nochmal zu einem ganz zentralen Begriff zurück, den wir ja oft benutzen. Ich glaube auch besonders, seit du aus dem Sabbatjahr wieder kommst, die Objekt-Objekt-Beziehung. Ich würde gerne unseren Zuhörern nochmal versuchen, mit anderen Worten zu erklären, was genau du damit meinst. Denn ich treffe auf manche Menschen, die sofort checken, und andere sagen, das ist mir zu mechanisch, ich kann mit dem Begriff nichts anfangen. Was genau meinst du damit? Was ist der Unterschied?

  • Jedes Lebewesen, nicht nur wir Menschen, hat ja so etwas wie eine Intention. Es will irgendwas. Wenn das ein Hefekloß ist, dann kann man erkennen, dass sich Prozesse abspielen, die darauf hinauslaufen, dass diese Hefezellen am Leben bleiben. Ob sich das jetzt ein bisschen anthropomorph anhört oder nicht, man kann nicht anders sagen, als dass da eine Intentionalität steckt. Alles, was etwas will, ist ein Subjekt. Alles, was selbst etwas will und das Wollen umgestalten kann, ist ein Subjekt. Das ist das Kennzeichen eines Lebewesens. Wenn es nichts mehr will, ist es tot.

Wir Menschen haben als einzige Spezies auf dieser Erde die Fähigkeit entwickelt, andere Lebewesen als Objekte zu behandeln.

  • Einfach die Macht dafür?
  • Nein, weil wir die Vorstellungskraft haben. Wenn wir einen Löwen sehen, der eine Gazelle jagt, dann macht der Löwe die Gazelle nicht zum Objekt seines Beutezugs. Das ist unsere Interpretation. Der Löwe hat Hunger und will etwas fressen. Der Löwe ist als Subjekt unterwegs. Die Gazelle ist auch als Subjekt unterwegs. Da begegnen sich zwei Subjekte in einem existenziellen Kampf. Bei Menschen ist das anders. Wir können andere bewerten und sie zum Objekt machen. Das nennen wir dann auch noch Fördermaßnahmen. Das führt zu einer ungesunden Situation, weil derjenige, mit dem das passiert, der sich als Objekt der Ratschläge eines anderen erlebt, plötzlich gar nicht mehr intentional ist. Er kann plötzlich gar nicht mehr das tun, was aus ihm herauskommt, sondern der andere zwingt ihm seine Ratschläge auf. Und geht davon aus, dass man das macht. Noch schlimmer wird es dann bei Maßnahmen und bei all den Beziehungen, die wir im täglichen Leben pflegen, wo wir natürlich immer Objekte sind. Das vollzieht sich dann in solchen Rollenverhalten, wo man Objektrollen übernimmt, zum Beispiel als Schüler und Lehrer. Die begegnen sich nicht als lebendige Menschen, sondern haben eine Beziehung, in der der Lehrer den Schüler zum Objekt macht. Wenn der Schüler sich das nicht gefallen lässt, macht er einfach den Lehrer zum Objekt und sagt, der Lehrer ist doof oder was auch immer.

Unsere Gesellschaft ist durchzogen von einer Art des Umgangs miteinander, in der einer den anderen zum Objekt macht.

  • Siehst du das als einen Fehler oder würdest du sagen, das ist eine natürliche Stufe unserer Bewusstseinsentwicklung und es ist einfach Zeit für die nächste?
  • Ich bin fest davon überzeugt, dass das eine Übergangsphase ist, die passieren musste. Und zwar deshalb, weil wir Menschen soziale Wesen sind. Man kann über das Gehirn nichts sagen, ohne die Eingebundenheit des Einzelnen in soziale Gemeinschaften mitzudenken. Weil wir soziale Wesen sind, kann es durchaus passieren, dass in der Menschheitsgeschichte solche Gemeinschaften in Situationen gekommen sind, wo einer den anderen überfallen hat. In manchen Regionen der Erde ist das heute noch so. Gegen diese Art von Überfällen musste man zusammenhalten. Nebenbei gesagt, Überfälle konnte man auch nicht organisieren, wenn man nicht zusammengehalten hat. Auf beiden Seiten hat sich etwas herausbilden müssen, das nennen wir hierarchische Ordnungen. Mit irgendeinem Anführer, der gesagt hat, wo es langgeht, und die anderen haben das gemacht, was er gesagt hat. Sonst hätte keine dieser Gemeinschaften überleben können. Das Ergebnis ist, dass wir jetzt eine Menschheitsgeschichte haben, die im Wesentlichen aus Kriegen besteht. Und dass wir eine Lebensweise entwickelt haben, die immer noch diese alten Strukturen hat. Die haben sich in die Wirtschaft hinein entwickelt. Da gibt es jetzt auch CEOs, also Officers, die sagen, wo es langgeht. Da gibt es Headhunter und feindliche Übernahmen. Das zieht sich durch die Schulen, wo es hierarchische Abstufungen gibt. Die sind wie Pyramiden aufgebaut und führen zwangsläufig dazu, dass die, die unten sind, von den oberen zu Objekten gemacht werden. Mit dem Ziel, dass es funktioniert.

Auf Kosten der Entfaltungsfähigkeit des Einzelnen.

  • Da wollen wir ja hin, wir wollen nicht sagen, werdet zu Objekten, damit ihr aus den Objektrollen rauskommt. Sondern wir sagen, befreit euch aus diesen Objektrollen, damit sich der Blick öffnet und eure Möglichkeiten sichtbar werden. Es steckt viel mehr in einem Lehrer als das, was er in seiner Lehrerrolle produziert. Und es steckt viel mehr in einem Schüler. Aber wenn sie sich nur als Kranke und Arzt treffen, dann findet nichts weiter statt, als das, was in dieser Beziehung vorgegeben ist.
  • Das Interessante ist, dass es auf einer menschlichen Ebene jeder kennt. Jeder kennt den Unterschied, wenn er jemand anderen in einem bestimmten Rahmen anspricht. Dann geht die Authentizität flöten. Man nimmt automatisch eine andere Haltung ein.
  • Ja, das geht bis in den Körper. Man kann erkennen, wie ein Mensch spricht, ob er als Subjekt spricht oder als jemand, der zum Objekt gemacht worden ist und jetzt aus dieser Rolle heraus versucht, sich zu äußern. Kinder prüfen am Anfang die ganze Zeit, ob sie gemeint sind. Was der Papa sagt oder die Mama, wird immer abgeprüft. Es ist nicht so wichtig, was die sagen, sondern entscheidend ist, wie sie es sagen. Die entscheidende Frage des Kindes, die nie in dieser Weise geäußert wird, aber immer mitläuft, heißt, kann ich mich auf dich verlassen? Hast du mich wirklich lieb, meinst du mich wirklich oder spielst du eine Rolle als Papa oder Mama und versuchst, mich zum Objekt deiner Vorstellung zu machen? Das können die kognitiv nicht formulieren, so bewusst ist das nicht, aber es ist in der kindlichen Entwicklung angelegt. Kinder achten auf die Äußerungen des anderen, weil daraus viel leichter hervorgeht, ob der das ernst meint und ob der authentisch ist, als aus dem, was wir sagen.
  • Der Instinkt von Kindern wird regelrecht gebrochen. Ich erinnere mich, dass ich bestimmte Spiele als kleiner Junge nicht mitspielen wollte, wenn ich einen Erwachsenen als nicht echt empfunden habe. Meine Eltern haben mir dann aufgedrängt, eine Meinung über diesen Menschen zu haben, anstatt meiner eigenen Intuition zu folgen. Was ich dramatisch finde, ist, dass wir spätestens, wenn wir aus der Schule kommen, so verinnerlicht haben, dass wir unbewusst davon ausgehen, das sei die normale Sichtweise. Wenn ich Eltern mit Kindern an der Ampel sehe, wie sie mit den Kindern reden, das ist fast so, als würden sie mit einer Puppe reden oder mit Hunden.
  • Das geht mit Menschen, aber nicht mit Hunden. Wenn man anfängt, einen Hund wie ein Objekt zu behandeln, ist es aus. Der Hund bleibt immer authentisch. Wenn ich ihn zum Objekt degradiere, wird er entweder krank oder er fällt mich an und beißt mich. Der Hund bleibt immer ein Subjekt.
  • Das war wahrscheinlich, was mich an der Natur so angesprochen hat und weshalb ich Biologe geworden bin. Die waren alle lebendig, während ich so viele Halbtote Menschen gesehen habe, dass ich keine Lust hatte, Mediziner zu werden.
  • Das verstehe ich. Sag mal, gibt es Beispiele von Kulturen, die diese Subjekt-Subjekt-Begegnung bewahrt haben?
  • Das kann man sich schnell zusammenreimen. Wenn man in einer Welt, in der lauter Haifische unterwegs sind, versucht, ein friedlicher Fisch zu bleiben, wird man gefressen. Jede Kultur, die das versucht hat, ist überfallen worden. Der Prozess, über den wir hier reden, hat noch kein historisches Beispiel, dass er sich jemals durchgesetzt hat. Jetzt kommt die frohe Botschaft: Es wächst überall wie Unkraut. Immer wieder gibt es kleine Gemeinschaften, die das hinkriegen. Es gibt Familien, die diese Tradition bewahren. Da hat es immer jemanden gegeben, dem es wichtig war, das Kind nicht für seine Zwecke zu benutzen. Es gibt auch Fälle, in denen jemand aus einer solchen Familientradition ausbricht und den Weg in die Freiheit findet. Das geht nicht alleine, man braucht andere, weil man auch von anderen zum Objekt gemacht wird.
  • Das erklärt, warum ich mich als Mensch immer wieder an bestimmte Menschen erinnere, die mir geholfen haben, meine Subjekthaftigkeit zu bewahren.
  • Ja, es reicht, wenn man einem anderen Menschen einmal richtig begegnet. Das kann die Wende sein. Manchmal ist es nur eine Begegnung von einem Monat oder eine einmalige Begegnung. Das Kind bekommt ein Gefühl dafür, wie es richtig wäre. Das kann es auf den Weg bringen.
  • Das erklärt auch, warum ich als Erwachsener manchmal intensive spirituelle Begegnungen habe. Die Art und Weise, wie ich gesehen werde, kann ein altes Programm wieder hochfahren. Ich fühle mich gesehen und erkenne, wie oft ich mich selbst oder andere Menschen nicht sehe. Manche Menschen sagen, es gab diesen einen Menschen, der sie wirklich gesehen hat, und das hat sie stark gemacht.
  • Das ist das Problem, dass es so wenige Menschen gibt, die diese Kraft haben, einen anderen Menschen bedingungslos anzunehmen. Aber es gibt auch viele Menschen, die sich selbst mit einem dicken Panzer schützen, weil sie immer nur enttäuscht worden sind. Es reicht nicht mehr, ihnen zu sagen, dass man sie toll findet. Man muss schon fast Guru sein, um zu ihnen durchzukommen. Man kann den anderen nur einladen, ermutigen und inspirieren. Einladen heißt, es liegt an dir, ob du es annehmen möchtest. Ich gebe mir Mühe, aber ob du es annimmst, ist deine Entscheidung. Ermutigen heißt, ich kann dich ermutigen, dir etwas zuzutrauen, aber am Ende musst du es machen. Inspirieren heißt, ich kann versuchen, dich zu begeistern, aber am Ende ist es deine Begeisterung. Das sind die einzigen Möglichkeiten, den anderen einzuladen, zu ermutigen und zu inspirieren, um das zu erreichen, was in unserer heutigen Gesellschaft Motivieren genannt wird. Motivieren ist ein Betrug. Man kann den anderen nicht zum Objekt seiner Motivation machen. Deshalb bestehe ich darauf, wenn einer mit seinem Motivieren ankommt, zu sagen, nennt das doch Einladen, Ermutigen, Inspirieren. Manche können das nicht über die Lippen bringen. Sie haben immer gedacht, sie müssten die anderen motivieren. Dann fragt man, kannst du die nicht einladen? Hab ich noch nicht drüber nachgedacht. Willst du sie vielleicht gar nicht einladen? Hab ich auch noch nicht drüber nachgedacht. Kannst du dir vorstellen, jemanden einzuladen, den du gar nicht magst? Nee. Also, magst du die gar nicht? Ja. Dann wird alles deutlich. Die mögen den anderen nicht, deshalb können sie ihn nicht einladen. Deshalb behandeln sie sich gegenseitig als Objekte.
  • In meiner Tätigkeit als Coach oder Ratgeberautor spüre ich oft Ungeduld, wenn ich das Gefühl habe, wir müssen das alles schnell kapieren. Gleichzeitig ist mir klar, dass ich in dem Augenblick voll im alten Muster drin bin, wenn ich die Ungeduld auf die Menschen übertrage. Ich spüre seitdem immer wieder, wenn ich merke, es passiert, und sage mir, okay, was passiert, wenn ich nur einlade, ohne zu drängeln?
  • Das ist das Problem. Wenn man das könnte, wäre alles gut. Aber ich kann die auch nicht alle einladen. Dann wird plötzlich deutlich, warum ich das nicht kann. Man muss den anderen so annehmen, wie er ist, und das hat etwas mit Liebe zu tun. Erst muss ich mich selbst annehmen können, wie ich bin, und mich toll finden als Subjekt. Dann geht das Herz auf, der Verstand auf, die Sinne auf und ich sehe, was da draußen für tolle Subjekte herumlaufen. Sonst sehe ich nur lauter Tätowierte oder Leute mit blöden Ideen im Kopf. Das hat nichts mit wirklichem Sehen zu tun. Man sieht gar nichts mit diesen Vorstellungen. Man klotzt nur seine eigenen Vorstellungen an. Da kann sich kein Mensch weiterentwickeln. Man setzt sich selbst in ein Gefängnis seiner eigenen Vorurteile und Vorstellungen.
  • Das war ein Kapitel aus dem Podcast „Seelengevögelt – Die Rebellen des Geistes“ von Veit Lindau. Ich würde mich sehr freuen, wenn du meinen Podcast abonnierst und wenn ich die Möglichkeit hatte, in deinem Leben einen kleinen, guten Unterschied zu bewirken.

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