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Gemeinwohl – Die Zukunft der Wirtschaft? – Christian Felber im Gespräch mit Veit Lindau – Folge 165

Beim folgenden Text handelt es sich um automatisch generierte Zeilen des von Veit Lindau eingesprochenen Podcasts. Diese wurden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz korrigiert, sodass sie weitgehend korrekt sind. Für etwaige Fehler entschuldigen wir uns. Den Originalpodcast kannst du über die untere Player-Leiste hören.

Hey du, wie schön, dass du eingeschaltet hast zu dieser neuen Folge im Podcast „Seelengevögelt“, für die Rebellen und Rebellinnen des Geistes mit Veit und ich heiße dich von ganzem Herzen zu dieser Folge willkommen.

Heute erwartet dich ein spannendes Gespräch mit Christian Felber und Veit. Es geht um die Gemeinwohlökonomie und eine mögliche Zukunft der Wirtschaft. Doch hör selbst hin. Es geht darum, wie Wirtschaften möglich sein kann, und zwar basierend auf Kooperation und nicht auf Konkurrenz.

Weiteres erfährst du jetzt in der Folge. Ich wünsche dir wertvolle Erkenntnisse und viel Freude beim Hören. 

Veit: Danke, dass du hier bist. Lieber Christian, ich möchte mich ganz, ganz herzlich bei dir bedanken.

Ich habe eine Ahnung davon, wie voll dein Zeitplan ist, dass du jetzt gerade hier bist, dass du dir die Zeit nimmst. Ich glaube, es ist ungefähr drei Jahre her, dass wir das letzte Mal miteinander gesprochen haben.

Christian: Genau. Und wenn ich gleich zugesagt hätte, dann wäre es nur zweieinhalb Jahre her gewesen. Bei den Gruppen bin ich gesucht. Jetzt ist ein stiller Moment und ich bin ganz bei dir und präsent. Wunderbar.

Veit: Christian, weil unser Netzwerk wirklich stark gewachsen ist und ich davon ausgehe, dass hoffentlich viele Menschen dich noch nicht kennen und vor allen Dingen deine spannende Arbeit nicht kennen, würde ich dich gern einladen, kurz darüber zu sprechen, was es ist, was Christian Felber umtreibt und was dein zentrales Thema ist.

Christian: Ja, ich kümmere mich um das Gemeinwohl. Aus meinem inneren Antrieb heraus, aus einer Mission, die mich erfüllt und die mir gegeben ist. Und konkret sind da die Zwillingsprojekte Gemeinwohl-Ökonomie, ein neues Wirtschaftsmodell, das nachhaltig und ethisch und menschenfreundlich ist und in Österreich die Genossenschaft für Gemeinwohl. Das war zunächst der Versuch, eine eigene Bank zu gründen. Die Lizenz wurde uns nicht gewährt und jetzt sind wir einen neuen Weg eingeschlagen, nämlich in Kooperationen mit bestehenden Banken, diese zu ihrer grünen Projektbank für Gemeinwohl zu entwickeln, heute die Genossenschaft für Gemeinwohl.

Veit: Also man kann ja, glaube ich, zu Recht sagen, dass du der Vater des Begriffs „Gemeinwohl-Ökonomie“ bist. Magst du kurz für Menschen, die es wirklich noch nie gehört haben, erklären, was du darunter verstehst?

Christian: Sehr gerne. Nomen est omen. In einer Gemeinwohl-Ökonomie dienen wirtschaftliche Aktivitäten grundsätzlich dem Gemeinwohl, das aber nicht als Sonntagsrede, sondern das wird dann genauso konsequent gemessen wie heute die finanziellen Leistungsindikatoren mit der Rendite, dem Finanzgewinn oder dem Bruttoinlandsprodukt gemessen werden.

Da sind wir schon beim Systemfehler. Die Ökonomie, die ursprünglich bei den Griechen genauso definiert war, dass das Gemeinwohl das Wohl aller Haushaltsmitglieder umfasst, das kommt nicht von Ludwig Erhardt, der das aus seinem Wirtschaftswunder kennt, sondern das kommt von den alten Griechen, die überhaupt zum ersten Mal über Ökonomie geschrieben haben.

Das ist das übergeordnete Ziel wirtschaftlicher Aktivitäten. Geld oder Kapital sind Mittel zur Erreichung dieses Ziels. Wenn sich dieses Verhältnis verkehren würde, wenn Geld oder Kapital zum Ziel wirtschaftlicher Aktivitäten würde, also wenn es primär um die Rendite, den Profit oder das Bruttoinlandsprodukt ginge, dann wäre das gar keine Ökonomie mehr, sagt Aristoteles, sondern dann wäre das ihr Gegenteil.

Er hat das damals Krematistik genannt, also die Kunst des Gelderwerbens und sich Bereicherndes. Heute sagen wir Kapitalismus dazu, genau das Gleiche. Aber das Erbe von Aristoteles, das leider in der Wirtschaftsbildung praktisch nicht mehr vorkommt, ist, dass Kapitalismus und Ökonomie Gegenteile sind.

Und im Kapitalismus wird Erfolg mit Rendite, Profit und BIP gemessen. In einer Ökonomie, die von Haus aus und immer schon eine Gemeinwohl-Ökonomie war, machen wir das mit einem Gemeinwohlprodukt, einer Gemeinwohlbilanz und einer Gemeinwohlprüfung, um sicherzustellen, dass wirtschaftliche Aktivitäten einen positiven Gemeinwohlbeitrag leisten.

Sollten sie das nicht tun, wäre der negativ, dann wären sie nicht mehr rentabel. Ja, fangen wir mit dem Gemeinwohlprodukt an. Damit wird der Erfolg einer Volkswirtschaft gemessen oder auch einer Weltwirtschaft.

Und heute tun wir das mit dem Bruttoinlandsprodukt, einem monetären Aggregat, das auch kaum jemand in der Tiefe versteht. Und in der Gemeinwohl-Ökonomie fragen wir, was ist das Wesentlichste für ein gutes Leben für alle?

Für hohe Lebensqualität? oder eben für das Gemeinwohl. Und da sollen nach unserer Vorstellung nach alle Menschen mitsprechen dürfen und auch unterschiedlichste Vorschläge einbringen dürfen. Vielleicht 150 Vorschläge, was die Kernkomponenten von Lebensqualität und Gemeinwohl sind.

Und da sieben wir dann die 20 relevantesten, die am stärksten unterstützt werden, aus. Und das daraus entstehende Zielmosaik ist das Gemeinwohlprodukt. Und wir wissen, wenn Menschen sich auf das Allerwesentlichste fokussieren müssen, dann geht es um unsere Grundbedürfnisse.

Und die sind weltweit die gleichen. Das ist schon wissenschaftlich erhoben worden. Ist auch logisch, weil wir gehören alle der gleichen Spezies an. Und wenn wir das Wesentlichste benennen müssen, dann wollen auf der ganzen Welt Menschen gesund sein und glücklich sein und gelingende Beziehungen und sich sicher, geschützt und geborgen fühlen.

Sie wollen mitsprechen dürfen. Sie wollen Frieden und stabile Ökosysteme. dass sie gut gebildet werden, auch Zeitwohlstand und nicht im Stress leben. Frei wollen sie sein und ihre Grundrechte geschützt haben.

Das ist schon im Wesentlichen das Gemeinwohlprodukt. Und ökonomische Erfolgsmessung sieht dann so aus, dass wir fragen, was die einzelnen ökonomischen Akteure dazu beitragen, dass wir diesem Ziel näherkommen. Das ist ein komplett anderer Ansatz als das Wachstum der Finanzwerte zu messen.

Und deshalb hat ja Aristoteles auch gesagt, dass Kapitalismus das Gegenteil einer echten Ökonomie ist. Da sehen wir schon, wenn das Gemeinwohlprodukt dann wächst, dann haben wir 100 Prozent Garantie, dass wir entweder glücklicher oder gesünder oder gebildeter oder demokratischer oder dass der soziale Zusammenhalt fester ist, das Vertrauen in der Gesellschaft angestiegen ist, dass das Klima stabiler geworden ist oder die Artenvielfalt geschützter ist als im Vorjahr. Irgendetwas, oder wir sind friedlicher und es gibt weniger Kriege und weniger unfreiwillige Migration. Irgendetwas vom Wesentlichen muss sich verbessern, nur dann kann das Gemeinwohlprodukt wachsen.

Und zum Vergleich, wenn das Bruttoinlandsprodukt wächst, dann haben wir überhaupt keine Garantie, dass sich auch einer der jetzt aufgezählten Aspekte von Lebensqualität verlässlich verbessert hat. Das heißt, wir haben da überhaupt keinen Zusammenhang zwischen der heute praktizierten, vermeintlich ökonomischen Erfolgsmessung.

Es ist ja gar nicht ökonomisch, weil das ist ein Ziel. Aber die Ökonomie hat ein komplett anderes Ziel. Und darüber müsste uns eigentlich die Wirtschaftswissenschaft aufklären, aber die sind so fest verheiratet und verschmolzen mit diesen finanziellen Leistungsindikatoren, weil man die halt leichter messen kann.

Das ist genau der Punkt, warum die Wirtschaftswissenschaft zu einer Finanzzahl-Wissenschaft geworden ist, weil die einfach leichter messbar sind als die qualitativen Werte. Die waren aber eigentlich immer drinnen.

Adam Smith war noch ein Klassiker, da waren Ethik und Wirtschaft noch eins. Erst mit der Neoklassik, nach Adam Smith gab es dann diese fatale Trennung und den Fokus auf die reinen Finanzkennzahlen. Und jetzt ist die Zeit der Wiederverheiratung gekommen, dass Ethik, Werte und Wirtschaft wieder eins werden.

Und dann ist der Weg ganz logisch zum Gemeinwohlprodukt auf der volkswirtschaftlichen Ebene. Und auf der mikroökonomischen Ebene des einzelnen Unternehmens messen wir dessen Erfolg primär in der Gemeinwohlbilanz.

Und jetzt in ganz kurzen Sätzen noch misst die Gemeinwohlbilanz, was ein Unternehmen zur Erreichung dieser gesamtgesellschaftlichen, ökologischen, sozialen, demokratischen, menschlichen Ziele beiträgt. Und jetzt kommt der letzte und entscheidende Schritt: Je mehr ein Unternehmen dazu beiträgt, desto höher sind ja heute seine Kosten, weil es diese Verantwortung übernimmt und diese Kosten nicht externalisiert, sondern internalisiert und dadurch höhere Kosten und Preise hat. Und dadurch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber denen, die in allen Disziplinen die Kosten externalisieren, weil sie miserable Löhne zahlen, weniger soziale Sicherheit bieten, weniger Umwelt- und Klimaschutz betreiben und nur das Eigeninteresse maximieren, wie es leider die Wirtschaftswissenschaft immer noch tendenziell vorgibt.

Und die haben heute dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Und das wollen wir korrigieren, dieses Fehl-Design der Märkte wollen wir korrigieren, indem die Unternehmen mit dem besten Gemeinwohlbilanz-Ergebnis weniger Steuern zahlen, die mit dem schlechteren zahlen mehr, die bekommen öffentliche Aufträge, die anderen nicht, die bekommen günstigere Finanzierungen und Kredite, die anderen zahlen mehr.

Die handeln freier und die handeln unfreier, die müssen sozusagen ein bisschen Zölle zahlen, bevor sie die Weltmärkte bespielen dürfen. Und das genügt schon, weil auch hier haben wir die gleiche Freiheit der Konsument:innen, sich für die unethischen Produkte zu entscheiden.

Nur wenn die teurer sind, dann glaube ich, wird die niemand mehr kaufen. Und dann haben wir eine Marktdurchdringung von 100 Prozent, von fairen Handel, erneuerbaren Energien, Biolandwirtschaft und von menschenwürdigem Umgang, was die Arbeitsplätze und die Menschenrechte betrifft.

Und das wird dann sozusagen aus meiner Sicht das völlig logische und intelligente Design von Märkten, was den Kern der Gemeinwohlökonomie darstellt. Also ich glaube, jeder, der menschliche Vernunft hat und der zuhört, wird sagen, das macht eigentlich total Sinn.

Veit: Das ist im Grunde genommen der absolute Wahnsinn, dass wir das nicht so leben. Christian, wie lange versuchst du diese eigentlich sehr natürliche Idee in der Gesellschaft zu integrieren und zu etablieren? Und wie zufrieden bist du mit dem Erfolg bisher? 

Christian: Also ich bin mehr als zufrieden, damit kann ich gleich ganz spontan beginnen. Ich bin im Flow im Moment, wir sind sehr happy, wie stark und wie positiv die Resonanz ist.

Und dabei sind wir noch nicht einmal zehn Jahre jung, schräg, alt. Im Herbst 2010 gestartet von Österreich, Bayern, Südtirol aus und werden deshalb in diesem Herbst zehn Jahre und haben uns auf alle Kontinente ausgebreitet.

Also es gibt Nachfrage, obwohl das gar nicht das Ziel war, wir wollten das für die Europäische Union. Hier haben wir demokratische Verantwortung. Hier sind wir aufgewachsen, hier wollen wir die Wirtschaft reformieren.

Aber die Nachfrage, die Resonanz kommt aus der ganzen Welt und ist so stark, dass wir sie zum Teil überhaupt nicht bedienen und versorgen können. Aber konkret haben wir in 14 Staaten einen nationalen Förderverein, ungefähr 200 lokale Gruppen sind gegründet, davon nahezu 70 in Deutschland.

Also Deutschland ist das Epizentrum der Gemeinwohlökonomie, hat vielleicht auch damit zu tun, dass es hier schon in Verfassungen sehr stark berücksichtigt ist. In der bayerischen Verfassung steht, die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl.

Eigentlich sind wir der Verfassungsschutz und tun nichts anderes, als den Geist, den Spirit der Verfassung in der Wirtschaft umzusetzen, wo es die Gesetze noch nicht ganz so genau verstanden haben, was da eigentlich auch im Grundgesetz steht: Eigentum verpflichtet.

Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Ja, warum müssen dann Unternehmen keine Gemeinwohlbilanz erstellen, die genau das misst und feststellt? Weil sie müssen ja auch eine Finanzbilanz erstellen.

Deren Ergebnis zeigt uns aber überhaupt nichts Verlässliches über den Allgemeinwohldienst eines Unternehmens und deshalb schließen wir hier eigentlich eine Rechtslücke, würde ich sagen. Und neben den 200 Gruppen haben wir auch 15 sogenannte Fachkreise, die international arbeiten in der Beratung, im Audit, in der Wissenschaft und Forschung, in der Entwicklung der Tools, wie der Gemeinwohlbilanz.

Dann arbeiten wir an der Front der Realität sozusagen mit Unternehmen. Wir haben 600 Unternehmen, die eine Gemeinwohlbilanz erstellt haben, tendenz stark steigend, mit Kommunen und Städten. Immer mehr werden eine Gemeinwohl-Stadt oder Gemeinwohl-Gemeinde, das betrifft auch Landkreise und Regionen.

Wir haben schon verschiedene Landesregierungen, Baden-Württemberg, Hessen, Bremen, die die Gemeinwohlbilanz in Regierungsprogramme zumindest erwähnt haben oder sich erste kleine Ziele gesetzt haben.

Und sehr stark boomen wir gerade im Wissenschaftsbereich, in der Lehre, in der Forschung, aber auch jetzt haben wir eine erste dreitägige wissenschaftliche Konferenz auf Englisch abgehalten. Es sind 150 Leute nach Bremen geströmt.

Das hatten wir nie erwartet, weil wir doch weitestgehend ehrenamtlich strukturiert sind und jetzt nicht zu große Kongresse auf die Beine stellen können. Ja, also in all diesen Bereichen sind wir aktiv und das Schöne ist halt, dass die einzelnen Bereiche beginnen, ineinander zu greifen und Synergien zu bilden.

Und deshalb sind wir so im Flow und auch tatsächlich der Hoffnung, dass wir da langsam von unten nach oben zum neuen Mainstream-Modell vielleicht im Verbund auch mit anderen Alternativen wachsen könnten.

Veit: Gibt es in Deutschland oder Österreich schon eine politische Partei, die sich das mit richtig ins Programm aufgenommen hat? 

Christian: Ja, dieses Phänomen ist vertikal zu beantworten. Pardon, es ist horizontal zu beantworten und nicht vertikal.

Was meine ich damit? Auf der kommunalen Ebene sind praktisch alle Parteien für die Gemeinwohlökonomie. In Bayern ist es gerade lustig, da gibt es Wahlkampf und die Grünen und die ÖDP und auch ein FDP-Kandidat haben sich die Gemeinwohlökonomie auf die Fahnen geheftet.

Und wir haben auch Politiker:innen von allen Parteien im Bundestag mit Ausnahme der AfD, muss ich sachlich ergänzen, die die Gemeinwohlökonomie unterstützen. Die bilden wir auch ab. Wenn man dann aber das jetzt vertikal nimmt und nach oben geht, dann nimmt diese Zustimmung und Unterstützung exponentiell ab.

Und trotzdem haben wir es geschafft, weil jetzt doch die Basis einfach schon so wild und so aktiv geworden ist, dass wir selbst im Bundestag eine überfraktionelle Arbeitsgruppe eingerichtet haben.

Tatsächlich alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD sind vertreten im Bundestag und das sind natürlich jetzt besonders gewogene Vertreterinnen dieser Parteien, die es zum Glück aber in allen Parteien gibt. Und da überlegen wir jetzt gemeinsame Schritte und die ersten Schritte, die die Abgeordneten gehen, sind einmal die vorbildlichen Unternehmen und die vorbildlichen Gemeinden zu besuchen und zu schauen, wie das funktioniert.

Veit: Also ich möchte auch unbedingt unter dem Podcast ein paar gute Beispiele für Unternehmen als auch Gemeinden oder Städte vorstellen, da kommt dann mein Office nochmal auf euch zu. Um das nochmal ganz konkret zu machen für Menschen, die es jetzt zum allerersten Mal gehört haben, also es sind ja wirklich 20 Punkte, an denen sich zum Beispiel ein Unternehmen messen lassen kann.

Wie seid ihr auf diese 20 Punkte gekommen und wie verändern sich diese 20 Punkte eventuell dadurch, dass sich die Meinungen der Menschen, die das aussuchen, wiederum verändern?

Christian: Genau, also wenn wir die Systematik, wie kann ich das Gemeinwohl definieren,

wenn wir das wirklich von null an angehen würden, dann würden wir die Gemeinwohlbilanz einfach von einem demokratisch komponierten Gemeinwohlprodukt ableiten. Also würden die Menschen fragen, natürlich den gesamten deutschen Souverän.

Was sind die unter anderem? Der europäische Souverän und je nachdem, wer da Lust drauf hat, aber unser Ziel wäre der europäische Souverän. Und dann haben wir da ein demokratisch komponiertes Ergebnis, was die 20 wichtigsten Komponenten des Gemeinwohls sind.

Und dann wäre die Gemeinwohlbilanz von einem Unternehmen einfach die Ableitung, was trägt ein Unternehmen zu jedem dieser 20 übergeordneten Ziele bei. Es ist ein bisschen so ähnlich wie mit den SDGs im Moment, die globalen Nachhaltigkeitsziele der UNO.

Da gibt es jetzt auch ein abgeleitetes Instrument, ein SDG-Kompass für Unternehmen. Die SDGs sind halt nicht von den Menschen definiert, sondern von den Regierungen. Das ist schon sehr viel besser als das reine Produkt.

Aber es ist halt ein Top-Down-Instrument und folgedessen ist auch das Bruttoinlandsprodukt immer noch Teil der SDGs. Von daher ist es die Second-Best-Lösung und die Best-Lösung wäre, dass die Menschen selber definieren, was für sie das Gemeinwohl ist, dann wäre es eine reine Ableitung.

Dadurch, dass wir diesen Prozess aber noch nicht durchlaufen haben, haben wir jetzt noch nicht diese Vorlage eines demokratisch komponierten Gemeinwohlprodukts. Und jetzt sind wir folgegangen, was ist denn die bestehende höchste demokratische Grundlage für die höchsten Ziele der Gesellschaft?

Das sind die Grundwerte. Die höchsten Güter einer Gesellschaft sind immer ihre Werte. Und wir haben die Verfassungswerte von Demokratien herangezogen und in der Matrix auf der X-Achse aufgetragen und auf der Y-Achse schauen wir dann, wie diese Werte Menschenwürde, Gerechtigkeit und Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, Demokratie und Mitentscheidung, wie diese demokratischen Grundwerte von einem Unternehmen, aber es kann auch eine Schule, es kann auch eine Stadt sein, also eine Organisation letztlich, gegenüber all seinen Stakeholders, wir übersetzen das mit Berührungsgruppen. Also alle Lebewesen, mit denen ein Unternehmen, eine Organisation interagiert, gelebt werden, von den Zulieferbetrieben bis zu den zukünftigen noch gar nicht lebenden Generationen und dem Planeten Erde selbstverständlich.

Und in den Schnittflächen, wie du schon gesagt hast, haben wir 20 Gemeinwohl-Themen identifiziert. Eine Elfjährige aus Barcelona hat es zusammengefasst wie niemand anderer, sie hat gesagt, Gemeinwohlbilanz misst, ob ein Produkt überhaupt Sinn macht, nämlich in der Bedeutung der Befriedigung von Grundbedürfnissen in höherem oder geringerem Maße, wie es sich auf die Umwelt und aufs Weltklima auswirkt, wie human die Arbeitsbedingungen sind, wie gerecht verteilt wird und wie demokratisch entschieden wird. Das ist sozusagen die Essenz der Gemeinwohlbilanz. Allerdings ausgeweitet auf 20 Themen, noch einmal heruntergebrochen in 50 Aspekte.

Und jeden Aspekt kann man dann in vier Stufen erreichen und das wird bewertet, ob ein Unternehmen bei Null steht oder schon ganz vorbildlich dasteht. Und das heißt aber, wenn alle Unternehmen sich so verhalten würden, dann hätten wir eben Vollbeschäftigung oder Geschlechtergleichheit oder Klimastabilität oder ein Maß von Ungleichheit, das die große Mehrheit der Menschen gerne dulden würde.

Wichtig, dann gibt es auch negative Aspekte. Also man kann plus 1000 Punkte erreichen, maximum. Es hat natürlich noch kein Unternehmen erreicht, dann wären wir im Paradies sozusagen. Man kann aber minus 3600 Punkte erreichen.

Das hat den Zweck, damit ein Unternehmen, das seine Gewinne in Steueroasen verschiebt oder Dumpfkraftwerke betreibt, nicht mit sehr guten Arbeitsbedingungen oder der Gleichstellung von Männern und Frauen, ihr gravierendes Fehlverhalten kompensieren und ausgleichen kann.

Das geht nicht, weil wenn du mal 300 Punkte verlierst, aufgrund der Tatsache, dass du ein Atomkraftwerk betreibst oder deine Gewinne in Steueroasen verschiebst und deinen Primärbeitrag zum Gemeinwohl mal überhaupt nicht leistest, kannst du durch keine Arbeitsbedingungen der Welt und durch keine Geschlechterquote der Welt das wieder wettmachen.

Und dann hast du das Ergebnis, letzter Satz noch, und je nach Ergebnis zahlst du dann eben gar keine Steuern, weil du Weltmeister bist und alles richtig machst, was du dir selber von dir wünschst. Und wenn du aber alles falsch machst, dann zahlst du vielleicht 100 Prozent Gewinnsteuer.

Dann hat endlich der Markt die Lenkungswirkung, die wir für richtig und gut halten. Ich muss dazu sagen, also auch für die Zuhörer, vielleicht weil die Frage würde bei mir jetzt automatisch auftauchen, was eigentlich mit Life Trust, also prima unsere persönliche Erfahrung damit rein.

Wir waren ja tatsächlich schon mal an der Stelle, dass wir diesen Prozess mit euch begonnen haben. Und dann sind zwei Sachen passiert, also einmal eine sehr traurige, dass der Mensch, der bei uns quasi dieses Auditing durchgeführt hat, mittendrin gestorben ist.

Oh. Ja. Und dann war es so, dass wir vor zwei Jahren mit unserem Unternehmen sofort in die Krise gegangen sind, dass wir überhaupt nicht die Kapazität hatten, uns auch noch irgendwie darum zu kümmern. Wir waren froh, dass wir überlebt haben, auf gut Deutsch gesagt.

Aber wir sind jetzt gerade wieder am Punkt, deswegen passt das auch super gut, dass wir uns jetzt gerade wieder treffen, das wieder anzugehen. Weil auch wenn es ja heutzutage noch keine wirklich steuerrechtlichen Vorteile hat für ein Unternehmen, halte ich dennoch, ich halte die Tools, die ihr zur Verfügung stellt, und gerade diese 20 Perspektiven für enorm powervoll, um überhaupt erst mal als Unternehmer eine wirklich einigermaßen reale, objektive Sicht auf mein Unternehmen zu bekommen. Man kann sich ja viel erzählen, man kann viel fühlen, und letzten Endes wissen ganz viele Menschen, dass sich etwas verändern muss, aber niemand weiß so richtig, wie.

Also ihr seid jederzeit herzlich willkommen, selbstverständlich, und es gibt immer den geeigneten Moment, denn Kairos, euer Kairos ist offenbar noch nicht gekommen, aber er scheint jetzt zu kommen. Jederzeit herzlich willkommen.

Veit: Ja, und was hast du jetzt noch gerade gesagt, jetzt ist mir dein zweiter Teil entfallen? Christian: Einfach, ich wollte einfach anerkennen, also die Frage als Unternehmer, die man sich ja, glaube ich, die meisten Unternehmer an der Stelle stellen, okay, gut sein will ich, ich will auf der guten Seite stehen, aber funktioniert dann mein Unternehmen noch?

Funktioniert mein Unternehmen noch, habe ich wirtschaftliche Nachteile, die richtig, richtig doll wehtun, etc. Mir war es einfach wichtig, mit einfließen zu lassen, dass aus meiner Erfahrung der Prozess, den ihr anbietet, schon allein so wertvoll ist, weil er dir als Unternehmer, als Unternehmerin überhaupt erst mal die Möglichkeit gibt, zu sehen, auf welchem Boden unser Unternehmen steht, anstatt immer so vage ein Gefühl zu haben, was ja meist ziemlich daneben liegt, weil wir alle gut aussehen wollen.

Genau, ja, es ist ja die Anreize, das war es genau. Wie du sagst, es ist zunächst ein 360-Grad-Scanner. Wie verhalte ich mich überhaupt, also bei allen Unternehmen löst es einen bewussten Wertungsschub aus.

Man wird sich Verhaltensweisen und Prozesse bewusst, die man gar nicht so auf dem Schirm hatte und vor allem die ethische Wirkung nicht voll auf dem Schirm hatte. Ein kleines Beispiel wäre, dass die Ökopioniere zwar vorbildlich in den Umweltbereichen sind, aber was die innerbetriebliche Transparenz und Demokratie betrifft, genauso großen Aufholbedarf haben wie die börsennotierten Konzerne zum Teil.

Das ist aber für sie ein Wert, dass sie das erkennen und dann natürlich nicht alles über Nacht machen, sondern die 1000 Punkte, das wäre eine Reise von mindestens 30 Jahren. Und weil das eben so viele verschiedene Aspekte und so viele verschiedene Erreichungsstufen sind, kannst du dir erstens kleine und machbare Ziele setzen.

Das ist Teil des Bilanzierungsprozesses, dass du dir jedes Jahr 3, 4, 5 Ziele setzt, die dich nicht überfordern, die du erreichen kannst, aber natürlich erreichst du da noch keine 1000 Punkte damit. Und noch ganz wichtig, damit du dir nicht ins eigene Fleisch schneidest und deine Lebensfähigkeit nicht gefährdest.

Solange wir noch nicht diese Anreize haben, wie du richtig sagst, gibt es derzeit erst die ersten Kommunen, aber immerhin, die gibt es jetzt schon, die sagen, wir bevorzugen in der öffentlichen Beschaffung, im öffentlichen Einkauf Unternehmen mit Gemeinwohlbilanz.

Genau, das beginnt und die Wirtschaftsförderung wacht auf. Flächendeckend, weil die hat halt auf die klassischen Indikatoren Hauptaugenmerk gelegt. Es kommt überhaupt auf das Unternehmen, schafft Arbeitsplätze, aber egal wie viele Steuern es zahlt, wir schmeißen ihm sogar noch Steuerzugaben hinterher. Die werden jetzt neue Fragen stellen und nur wenn ein Unternehmen sich hier dem demokratischen Wertekanon tatsächlich fügt und hier auch dazu beiträgt, dann ist es wirklich willkommen und dann wird es gefördert und dann kriegt es einen öffentlichen Auftrag und dann kriegt es einen Kredit. Und dann kriegt es Marktzugang. Ich meine, das macht ja alles total Sinn.

Aber weil die Gewohnheiten so festgefahren sind im Kapitalismus, braucht es zuerst einmal eine mehrjährige Auftauzeit, dass uns übt, ich habe keinen Tau. Dass wir da überhaupt, dass wir mal zum Tauen beginnen, geistig.

Und dann aber, wenn das in Gang kommt, dann gibt eines das andere. Und das erleben wir jetzt in den ersten Gemeinwohlregionen. Höxter ist so ein Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Da haben sie mit einem Leaderprojekt sich das Ziel gesetzt, eine Gemeinwohlregion zu werden.

Und dann fragen sie sich, dann brechen sie es herunter. Wie können wir die ersten Schritte machen? Und dann wollen sie mit den Unternehmen arbeiten und die Bilanz machen. Die anderen fangen mit den Bildungseinrichtungen an, damit das überhaupt einmal bekannt wird.

Und die dritten arbeiten mit den Kommunen. Und jetzt wollen alle Kommunen, die dazugehören, jetzt Gemeinwohlstadt einwerden. Und die überlegen sich dann wiederum, was können wir tun. Und die bilanzieren sich nicht nur selbst, um das eigene Tun zu reflektieren und zu transformieren, sondern die verlangen dann von den privaten Unternehmen, dass die sich auch entsprechend ausrichten und belohnen sie dann dafür,

was dann positive Anreize sind. Und so gerät dann das Gesamtgefüge der Wirtschaft und Politik und Bildung in Bewegung, um sich endlich an dem Norden auszurichten, den es eigentlich immer schon gab, von dem wir aber durch eine kapitalistisch-neoklassisch-forante Wirtschaftswissenschaft abgedriftet sind in den letzten Jahrzehnten.

Veit: Wenn ich dich richtig verstehe, Christian, ist die Gemeinwohlbilanz nicht nur für Unternehmen, sondern auch zum Beispiel für Selbstständige möglich. 

Christian: Ja, also wir haben in Österreich, haben wir 55 Prozent aller registrierten Unternehmen, sind Ein-Personen-Unternehmen.

Und von den 600 Organisationen, die eine Gemeinwohlbilanz bisher erstellt haben, sind 30 Prozent Ein-Personen-Unternehmen. Es geht. Ich sage auch hier transparenterweise dazu, der Aufwand ist jetzt nicht gering.

Also da muss man schon wirklich den Willen dazu haben, sich diesem Scan zu stellen. Wir sind aber gleichzeitig dabei, weil wir wollen ja nicht nur die Engagiertesten und die intrinsisch Motivierten gewinnen, sondern wir wollen alle, wir wollen, dass so wie heute alle Unternehmen eine Finanzbilanz erstellen müssen, damit die Gesellschaft verlässliche und überprüfte Informationen zur Verfügung hat.

Wollen wir das mittelfristig auch, dass alle Unternehmen eine Gemeinwohlbilanz erstellen müssen, damit der Gesellschaft ebenso überprüfte und verlässliche Informationen zur Verfügung stehen. Und wir arbeiten daran, den Aufwand für kleine Unternehmen dramatisch zu reduzieren, also bis vielleicht fünf Beschäftigte ist dann der Gemeinwohlbericht nur noch 20 Seiten schlank.

Und dann gibt es aber eine Medium-Bilanz für die mittelgroßen Unternehmen und natürlich für die transnationalen Konzerne braucht es eine XL-Version, weil die müssen alle Stellen im Unternehmen beleuchten, damit da nichts durch die Finger flutscht und nichts übersehen wird.

Aber das kann man eben mit angepassten Größen, wie es auch in der europäischen Nomenklatur der Unternehmensgrößen heute schon existiert, entsprechend angleichen. Und das ist auch sozusagen unsere Antwort auf das Feedback seitens der Anwenderinnen.

Veit: Also wir werden auf alle Fälle unter dem Podcast die Internetadresse packen, wo sich alle Unternehmen und Selbstständigen erkundigen können, welche Wege es gibt, diese Bilanz zu erstellen. Was mich jetzt interessiert im zweiten Teil unseres Gesprächs, Christian, das frage ich im Augenblick fast jeden, der sehr aktiv unterwegs ist in dieser Welt.

Also erstens, wie siehst du, was gerade in der Welt passiert? Also was ist deine Perspektive darauf? Und zweitens, wie handhabst du das? Also auf der einen Seite etwas zu haben, wovon du weißt, dass es wertvoll ist, was auch, ich sag jetzt mal, menschlich vernünftig gesehen einfach nur total Sinn macht. Und gleichzeitig sicher, also mir würde es so gehen, gefühlt viel zu langsam durchsetzt, am besten dem, was wir für Probleme haben. Also wie schaffst du das menschlich Frieden dabei zu empfinden? 

Christian: Bezüglich deiner ersten Frage teile ich mit sehr vielen anderen Menschen die Analyse, dass wir aktuell Strukturen geschaffen haben und es sind primär die wirtschaftlichen Strukturen, die sich zerstörerisch auswirken.

Sowohl ökologisch als auch gesamtgesellschaftlich. Und solche destruktiven Strukturen zu korrigieren, das weiß ich nicht, ob das kurzfristig gelingen wird, was mich noch immer bewegt. Also aus österreichischer Perspektive ist, dass ich mich sehr genau erinnern kann, dass vor 35 Jahren in Österreich, da war die erste Klimakonferenz in Toronto, die war 1988, also vor 32 Jahren, da gab es in der Wissenschaft bereits Konsens, dass eine Ökologisierung des Steuersystems, das heißt, wir erhöhen die Steuern auf den Umweltverbrauch, auch inklusive Kohlenstoff, und verringern dafür die Steuerlast auf den Faktor Arbeit, was ja eine Win-Win-Situation auch nach Hausverstand ist.

Wir würden sowohl die Umweltschädigung verringern, als auch unter dem Strich mehr Arbeitsplätze schaffen, auch wenn es nicht mehr SUVs gibt, aber es gibt andere Arbeitsplätze. Vor 35 Jahren war das nicht mehr umstritten wissenschaftlich.

Und die Bevölkerung hat das breit unterstützt. Die Politik hat es nicht umgesetzt, weil es im Wesentlichen einen Elektrizitätskonzern gibt in Österreich und einen Mineralölkonzern, deren Einfluss auf die Regierung größer war als der der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft.

Und das ist ja, was wir in der Politikwissenschaft als Postdemokratie bezeichnen. Selbst wenn bereits eine Mehrheit der Bevölkerung für einen Wandel, für eine Transformation, für eine grundlegende Reform von welchem Subsystem der Gesellschaft auch immer, sei es das Finanzsystem, sei es die Handelsordnung, sei es das Wirtschaftssystem oder die Landwirtschaft, ich glaube, eine ganz große Mehrheit der Bevölkerung würde eine giftfreie Landwirtschaft ohne Gentechnik, ohne Futtermittelimporte aus Südamerika heute schon unterstützen, aber die Parlamente setzen es nicht um. Und deshalb bin ich da leider skeptisch. Ich halte es für möglich, dass wir es nicht schaffen, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, auch das 2-Grad-Ziel nicht.

Ich schließe es auch auf gar keinen Fall aus, weil ich setze ja alles daran, einen Großteil meiner Lebensenergie mich dafür einzusetzen, dass wir es doch schaffen, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass die inhaltlichen Alternativvorschläge alleine eine Gemeinwohlökonomie, ein ethischer Welthandel, Geld als öffentliches Gut, dass die nicht ausreichen, solange die gesellschaftlichen Machtverhältnisse nicht angetastet werden.

Und die Machtverhältnisse kann man am ehesten noch mit einer Reform der Demokratie und der demokratischen Prozesse antasten. Und deshalb ist ja auch die souveräne Demokratie die Zwillingsschwester der Gemeinwohlökonomie.

In a nutshell, also mit ganz kurzen Strichen gesagt, wäre es in einer souveränen Demokratie möglich, dass grundlegende Entscheidungen in der Wirtschaftspolitik, oder in jeder anderen Politik, direkt von der Bevölkerung in sehr sauber aufgesetzt und gut gestalteten Beteiligungsprozessen getroffen werden können.

Und dann würden wir schon heute viel effektiver das Klima schützen, wir würden die Ungleichheit begrenzen, wir würden eine Größengrenze für Banken einrichten, wir würden Patente auf Lebewesen gar nicht erlauben, dann gäbe es Monsanto gar nicht, dann müssten wir uns gar nicht mit so Detailfragen wie Glyphosat herumschlagen, sondern dann gäbe es Monsanto nicht, weil das Geschäftsmodell von Monsanto auf der Patentierbarkeit, auf der Möglichkeit Eigentum anzumelden auf Lebewesen, basiert. Da gibt es eine breite Bevölkerungsmehrheit, laut verschiedensten Umfragen, die das begrüßen und unterstützen würden, aber die Parlamente richten es anders ein.

Und daher ist meine Prognose, dass wir so lange, wie wir am Demokratie-System nichts verändern, vermutlich noch viel mehr kaputt machen auf diesem Planeten, als wir jetzt schon kaputt gemacht haben.

Das ist sogar eine eher pessimistische Zukunftsperspektive. Aber mit der kann ich trotzdem gut umgehen, weil für mich ist wichtig, dass ich mir die Freiheit nehme, dass ich mich für das einsetze, was ich für richtig halte.

Das ist Souveräne Demokratie, das ist Gemeinwohlökonomie, das ist ethischer Welthandel und allein dadurch, dass ich mich dafür einsetzen kann ohne Lebensgefahr, was ich für richtig halte. Das gibt mir ganz viel Freiheit, Kraft und Inspiration und Hoffnung.

Weil wie gesagt, ich schließe es überhaupt nicht aus, dass dann plötzlich ganz viel weitergeht in sehr kurzer Zeit, nachdem jahrzehntelang fast überhaupt nichts weitergegangen ist oder wir uns sogar zurückentwickelt haben.

Sprich, die Treibhausgasemissionen steigen immer noch an, 32 Jahre nach der ersten Klimakonferenz. Das muss man sehr nüchtern zur Kenntnis nehmen. Ja, und persönlich habe ich dann auch Frieden mit dem Weltenlauf, weil ich den ohnehin nur in einem, mit meinem kleinen bescheidenen Beitrag beeinflussen kann.

Und das heißt, ich habe für mich zwei Strategien, eine unmittelbare Strategie in Bezug auf mein Leben ist, dass ich meine Kraftquellen kenne und weiß, was mich nährt und es für mich selbst als meine heilige Pflicht empfinde, diese meiner Kraftquellen sind über zehn.

Der Tanz ist darunter, die Natur ist darunter, die Stille ist darunter, gelingende Beziehungen sind natürlich darunter, die regelmäßig aufzusuchen. Also das nährt mich und das gibt mir Fundament und Zuversicht und Inspiration und Motivation im Dabeisein und dann.

ist es fast sekundär, was politisch alles schiefläuft oder wissenschaftlich, damit komme ich dann klar. Und auf einer noch tieferen Ebene weiß ich, dass ich zwar Teil dieser Schöpfung bin und Teil der Evolution bin und vielleicht sogar mit meinem Bewusstsein, den Lauf der Evolution zu einem kleinen Teil mit beeinflussen kann, aber letztlich maße ich mir nicht an, dass ich den Lauf der Welt bestimmen kann.

Das heißt, wenn es in eine andere Richtung geht, als ich es mir wünsche, kann ich das auch annehmen und verzweifle damit nicht, sondern bin selbst damit im Frieden, weil ich einfach weiß, wer ich bin und mir nicht anmaße, dass ich den Weltenlauf bestimmen kann und von daher bin ich immer im tiefen Frieden, egal ob ich erfolglos oder erfolgreich bin mit meiner politischen und gesellschaftlichen Arbeit.

Ich berührte es gerade sehr, weil du hast gerade gesagt, du begreifst es als deine Freiheit, selbst wenn vielleicht alles den Bach runtergeht. So habe ich dich verstanden, wirklich dein Bestes einfach mit reinzugeben und für das einzutreten, was du wirklich willst.

Während der, ich glaube, viele Menschen eher sagen, okay, ich bringe mich ein, wenn ich die Garantie habe, dass der Deal aufgeht. Ja, so gibt es bei dir irgendwann mal den Moment, wo du sagst, ey, das nervt mich, das kotzt mich an, es geht alles viel zu langsam oder bist du wirklich die ganze Zeit in diesem Frieden?

Naja, nerven und ärgern ist ja nochmal was anderes als verzweifeln und das ist sehr oberflächlich und ich würde sagen, jeden zweiten Tag gibt es etwas, was mich nervt oder ärgert, aber das sind halt unmittelbare Gefühle, mit denen ich umgehen kann, das ist ja auch emotionale Kompetenz und dann sehe ich halt ja, ich wünsche mir, dass es schneller geht, aber ich kann jetzt unmittelbar, nützt es überhaupt nichts, mich über etwas zu ärgern, was schiefgegangen ist. Vielleicht kann ich die Strukturen so verändern oder andere Menschen so motivieren oder ermutigen, dass wir es anders machen oder schneller schaffen, aber ich habe mir tendenziell grundsätzlich abgewöhnt, mich zu ärgern über viele Dinge, weil das die Lebensqualität verringert.

Wenn es wirklich sinnvoll ist, dann kann ich mich umso klarer ärgern als früher, aber dann soll es auch verstanden werden und gesehen werden. Aber bei den allermeisten Anlässen, wo ich mich vielleicht früher noch geärgert hätte, tue ich das heute nicht mehr, sondern wo ist die nächste Lösung, wo ist der nächste Schritt oder wo lenke ich meine Aufmerksamkeit hin?

um mit einer hohen Lebensqualität und in diesem profunden Frieden weiterzufahren. Also ich muss jetzt sagen, ich habe einen Teil meines Geistes stark visionär und ich habe der Part halt oft Schwierigkeiten mit demokratischen Prozessen.

Also auch in kleinen Gruppen, wenn ich in einer kleinen Gruppe sitze und ich habe das Gefühl, es ist eigentlich so offensichtlich, was erkannt oder getan werden müsste und dann zu sagen, wir lassen das jetzt aber wirklich diesen Corpus entscheiden, selbst wenn im Endeffekt vielleicht was rauskommt, was ich nicht hundertprozentig gut heiße, da habe ich wirklich zu tun.

Also da kann ich eine Menge Schattenarbeit leisten. 

Veit: Ich weiß, dass du in dem gesamten Gemeinwohl-Netzwerk, also ihr arbeitet ja wirklich alles auf demokratischen… aus demokratischen Prozessen heraus, da kommen ja sicher auch manchmal Sachen raus, die dir nicht wirklich in den Kram passen.

Oder wo du denkst, das ist zu langsam, oder nee, das hätte ich gerne anders geworden. Wie gehst du da mit um? 

Christian: Ich habe jetzt gerade den Eindruck, dass du ein prinzipielles Ja-Wort für Demokratie hast, wir erkennen in der Demokratie einen Grundwert, mit Basisdemokratie tendenziell gleichsetzt, in der Bedeutung, dass alle überall mitsprechen dürfen sollen.

Und dieses Verständnis von Demokratie, das ist nicht unser Verständnis, sondern unser Demokratie-Verständnis ist, dass wir uns schon gemeinsam darüber verständigen, wer was entscheiden soll. Und das heißt zunächst, dass im Idealfall jeder Mensch für bestimmte Dinge allein entscheidungsbefugt ist.

Und dass dann viel nur entscheiden, wer aufgrund welcher Kompetenzen folglich unseres Vertrauens, dass wir in diesen Personen haben, welche Entscheidungen in einem Gremium oder auch als Person entscheiden dürfen.

Das kann sein, dass dir, Veit, aufgrund deiner besonderen Gaben oder Kompetenzen bestimmte Entscheidungen zugemutet werden. Und da vertrauen dann andere dir, dass du diese Entscheidungen treffen darfst.

Das Entscheidende ist, dass das eine gemeinsame Entscheidung macht, dass du bestimmte Dinge auch ohne die Konsultierung oder Zustimmung anderer entscheiden darfst. Vielleicht ist damit die Frage schon beantwortet oder noch nicht.

Also das klärt auf jeden Fall, das ist eine gute und wichtige Differenzierung. Und dennoch, also vielleicht bist du dem, diesen Punkt, der mich gerade so interessiert, ja auch schon transzendiert, gibt es ja ganz sicher auch, also du bist ja in deiner Arbeit oft in Teams, in Prozessen, wo es darum geht, Sachen zu erarbeiten, mir geht es ganz häufig zu langsam.

Ja, dann habe ich es vielleicht wirklich transzendiert, weil die Gemeinwohlökonomie ist eine sehr breite Bewegung, die auf intrinsischer Motivation der Engagierten beruht, weil zu 99 Prozent ist es Ehrenamt und das heißt, die Selbstwirksamkeit wird erlebt durch die Mitsprachemöglichkeit, die an erster Stelle durch die Vision, die uns hier eint und die uns gemeinsam zieht und drittens würde ich noch sagen durch die Kohärenz,

dass wir von der Tendenz her die Werte, die wir uns wünschen, auch selbst leben in unseren Strukturen und von daher gibt es einfach die Möglichkeit, dass wir manche von der Mitsprache ausschließen, die gibt es in solchen Bewegungen nicht und mein Zugang ist, dass wir möglichst klare Organisationsstrukturen haben, das heißt, dass wir alle wissen, wer was, wie entscheiden darf.

Und dann ist es mein Bestreben, dass ich sozusagen meine Gaben und auch meine Überzeugungsgabe, wenn du so möchtest, meine Visionskraft in diesen Strukturen so einbringen kann, dass die Wahrscheinlichkeit, dass dann das Gehör findet und auch zu Regeln wird oder als Priorität selektiert wird, dass diese Wahrscheinlichkeit möglichst hoch ist.

Aber ich habe nicht den Anspruch hier, dass meine Ideen von allen anderen gutgeheißen oder automatisch umgesetzt werden, denn da sehe ich mich als, so wie alle anderen, als viel zu interdependentes Wesen, wo jedes Wesen andere Qualitäten hat und wir je besser wie aufeinander hören und vielleicht auch unsere gewohnten Ego ein bisschen zurückdrängen, dass du harmonisch erfügt sich, dass das Ganze zusammen und alle erleben sich wirkmächtig, obwohl sie nur eine Stimme von vielen sind. Vielleicht ist das transzendent, vielleicht ist das auch eine andere subjektive Erfahrung. Aber ich lasse mich provozieren von dir, ja natürlich, ich habe Momente, wo ich denke, ich habe hier überhaupt nichts mitzureden, obwohl ich diese Bewegung initiiert habe und das empfinde ich dann manchmal als richtig ungerecht, wenn ich so überhaupt nicht gehört werde.

Und gleichzeitig aber, denke ich, nö, da muss ich dann einfach an effektiveren Strukturen mitbasteln, damit das Gerechte und das Überzeugende sich durchsetzen kann. Somit fühle ich mich relativ wohl in, sowohl in Meinblöck, als auch dann in meinem persönlichen Team, das ist auch noch ein dreier Team, wo ich einfach meine täglichen Abläufe manage.

Also egal, ob transzendiert oder einfach anders subjektiv, das ist auf jeden Fall gerade was, was ich downloade, weil, weil ich das Gefühl habe, davon kann ich noch eine ganze Portion gebrauchen. Christian, für die letzte Frage für die Zuhörer und Zuhörer draußen wird es ja auch eine Menge Menschen geben, die das gerade sehen, die nicht selbstständig oder nicht Unternehmen führen, sondern die zum Beispiel Angestellte sind.

Da ist ja die Versuchung sehr groß zu sagen, mein Unternehmen macht das halt nicht. Wie ist da eure Erfahrung, wie können Angestellte diese Idee in ihr Unternehmen tragen? Also, wir haben Beispiele, wo die Erstellung der Gemeinwohlbilanz von den Angestellten ausging.

Wir haben Beispiele, wo die Erstellung der Gemeinwohlbilanz von der Ehefrau eines Angestellten oder von der Tochter eines Angestellten ausging und dann hat das Unternehmen eine Bilanz gemacht. Und eines dieser Beispiele ist Bosch.

Bosch hat nicht die Gemeinwohlbilanz, um kein Missverständnis zu erzeugen. Aber in Bosch ist der Kontakt zu Bosch durch den Betriebsrat sogar in diesem Fall. Also in manchen Unternehmen sind ja die Angestellten auch institutionalisiert, den gestalten Betriebsrat ist.

Und in dem Fall ist der Betriebsrat von Bosch aktiv geworden und wünscht sich, seither von der Unternehmensleitung, dass sie die Gemeinwohlbilanz machen, um genau diese Grundwerte auch in allen Abteilungen des Unternehmens spüren und erleben zu können.

Es muss aber nicht der Betriebsrat sein. Es kann einfach eine Gruppe der Willigen im Unternehmen sein, die so langsam wächst und die kleinen Schrittweise Überzeugungsarbeit leistet und diese Abteilung gewinnt und das erste Mitglied der Geschäftsführung gewinnt und vielleicht auch mit den Eigentümern spricht.

Wir empfehlen da eine behutsame, langsame, inklusive Forschungsweise, dass man halt diese Option und diese Chance, man kann sie dann letztlich so argumentieren, mittelfristig werden nur Unternehmen mit einer halbwegs guten Gemeinwohlbilanz lebensfähig sein, so kann man das ja auch argumentieren.

Und das empfehlen wir den Angestellten in Unternehmen, die weder in der Geschäftsführung sind noch Eigentum halten, dass die da langsam einen Kreis, der immer weiter wird, bilden von Menschen, die das unterstützen und dann kann es gelingen, dass man auch die Eigentümer und die Geschäftsführung gewinnt.

Und öfter geht es von der Geschäftsführung aus, aber weil halt sehr viele Betriebe sind Familienbetriebe oder mittelständische Unternehmen und da gibt es halt aufgrund der schon diskutierten Strukturen die Möglichkeit, das Top-Down durchzusetzen.

Wir machen aber sehr oft die Erfahrung, dass das kaum ein Unternehmen tut, weil die sagen, ich könnte das, also rechtlich hätte ich die Macht, das Top-Down durchzusetzen. Aber ich weiß, das macht keinen Sinn, weil wenn ich meinen Leuten anschaffe, dass wir jetzt das Gemeinwohl orientiert sind, dann gehen die automatisch in den Widerstand.

Das heißt, ich muss sie schonend zuerst einmal informieren, einbinden und gewinnen. Und dann können wir gemeinsam diese strategische Entscheidung treffen. Das ist eigentlich das häufigste Muster in diesen familiengeführten, inhabergeführten mittelgroßen Unternehmen.

Und das finden wir eigentlich ein Zeichen, dass die Unternehmen zum Teil demokratischer sind, als es von außen aussieht. Und dann, um noch einmal auf deine Frage zurückzukommen, dann haben wir überhaupt kein Schema F, nachdem sich ein Unternehmen demokratisieren kann.

Sondern wir haben da einen vollen Bauchladen, ein ganzes Spektrum von Soziokratie, Holacracy, systemischem Konsensieren, Mitarbeiterstiftung und dann der generelle Abstufungsprozess von Erhöhung der Transparenz, zum Beispiel der Vorstandsentscheidungen, Anhörung in strategischen Fragen mit Entscheidungen in strategischen Fragen und dann vielleicht als höchste Stufe, dass man dann die Führungsgremien wählt,

die aber dann immer noch die Führungsgremien sind. Also die sind dann, die haben dann sozusagen das Mandat, den Auftrag von den Beschäftigten, Führungsentscheidungen zu treffen. Ich glaube, das fühlt sich doch viel leckerer an, als wenn man dieses Mandat nicht hat und nur aufgrund der Eigentums- und Rechtsverhältnisse diese Macht hat.

Veit: Also das ist eine kühne und eine coole Vision. Christian, letzte Frage an den Menschen, Christian. Wenn du die Möglichkeit hattest, für einen Monat lang jegliches Plakat, jegliche Werbefläche auf der Welt kostenlos zu nutzen für einen Slogan, wie würde der lauten?

Christian: Hör auf dein Herz, hör auf deine innere Stimme, aber hör wirklich so genau hin, bis du sie wirklich hörst und dann handle danach. Ich danke dir, ganz, ganz toll. Wir werden definitiv auch unter dem Podcast deine Bücher drunter packen, das heißt, dass Menschen, die Lust haben, tiefer einzusteigen, wirklich dort eine Menge geistiges Futter finden.

Veit: Vielen, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. 

Christian: Danke dir, Veit. Das war ein schönes Gespräch mit dir. 

Das war eine Folge aus dem Podcast Seelengevögelt für die Rebellen des Geistes. Hat dir die Folge gefallen?

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Fortsetzung folgt im nächsten Teil…

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