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Die Kraft der Liebe – Mythos, Wissenschaft und Praxis – Im Gespräch mit Gerald Hüther – Folge 34

Beim folgenden Text handelt es sich um automatisch generierte Zeilen des von Veit Lindau eingesprochenen Podcasts. Diese wurden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz korrigiert, sodass sie weitgehend korrekt sind. Für etwaige Fehler entschuldigen wir uns. Den Originalpodcast kannst du über die untere Player-Leiste hören.

Die Kraft der Liebe – Mythos, Wissenschaft und Praxis – Im Gespräch mit Gerald Hüther

Folge 34
Beim folgenden Text handelt es sich um automatisch generierte Zeilen des von Veit
Lindau eingesprochenen Podcasts. Diese wurden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz
korrigiert, sodass sie weitgehend korrekt sind. Für etwaige Fehler entschuldigen wir uns.
Hallo ihr Lieben, herzlich willkommen zu einer weiteren Folge im Podcast Seelengevögelt für
die Rebellen des Geistes. Vielen von euch ist sicher Professor Gerald Hüther ein Begriff, der
seit vielen Jahren, ja man könnte sagen, eine revolutionäre Aufklärungsarbeit für unser Gehirn,
aber auch für die Würde des Menschen leistet.
Ich hatte vor einiger Zeit die kostbare Chance, ihm privat unter vier Augen alle Fragen zu
stellen, die mich interessiert haben, und heute teile ich wieder einen Ausschnitt aus diesem
Gespräch. Es geht zum Beispiel um die Frage: Was ist wirklich Liebe?
Wie missbrauchen Menschen oft das Wort Liebe? Die Bedeutung unseres sozialen
Zusammenhalts für unsere Potenzialentfaltung. Was ist eine Potenzialentfaltung in der
Gesellschaft? Und wie werden Menschen traumatisiert, wenn wir sie ausgrenzen,
beziehungsweise wenn wir sie wie ein Objekt behandeln?
Am Schluss gibt es noch einen optimistischen Ausblick auf die Richtung unserer Revolution.
Nämlich hin in die Entstehung von immer weiteren Möglichkeitsräumen. Ich wünsche dir viel
Spaß beim Hören und wie immer bin ich offen für euer Feedback beziehungsweise
Empfehlungen, wen ich noch einladen soll.
Schick mir einfach deinen Tipp unter podcast@veitlindau.com. Ich wünsche dir ein
aufmerksames Zuhören und ein gutes Leben.
Wenn du von echter Begegnung sprichst zwischen zwei Menschen, dann ist das Wort, das mir
dazu einfällt, Liebe.
Also, es ist etwas, das damit zu tun hat, dass du aus einem wissenschaftlichen Hintergrund
kommst, dass du es vermeidest oder… Nein, ich bin schon froh, dass ich Wissenschaftler bin
und dass ich gelernt habe, mich vor Begrifflichkeiten zu fürchten.
Und vor allem vor solchen Begrifflichkeiten, die im öffentlichen Gebrauch so unterschiedlich
gehandhabt werden, dass man sehr leicht in ein Missverständnis gerät. Und der Begriff Liebe ist
leider ein Begriff, der sehr breitgezerrt und breitgewalzt wird.
Da glauben ja manche Leute, dass in diesen Häusern mit den roten Lampen draußen auch
etwas stattfindet, was man Liebe nennen kann. Also, muss ich immer versuchen, eine
Begrifflichkeit zu finden, die auch präzise ist, damit wir überhaupt wissen, worüber wir reden
können, wenn wir nicht über Liebe reden.
Denn das, was du und ich, was wir beide uns darunter vorstellen, ist unterschiedlich. Aber wir
können über etwas reden, in dem die Liebe zum Ausdruck kommt, zum Beispiel in meinem
Bemühen, mit dir in eine Subjektbeziehung zu kommen und in dem, was du gleichermaßen
versuchst.
Das heißt, da geht man eher in die Haltung eines Liebenden oder das wäre eben jetzt die
Haltung eines Menschen, der nicht versucht, andere für seine Zwecke vor seinen Karren zu
spannen, sondern dem es wirklich auch immer um den anderen geht.
Also, der anderen Menschen begegnet, ohne sich ständig zu fragen, was er mit denen machen
kann und wie er sie für seine eigenen Zwecke gut verwenden kann, sondern es wäre eine

Haltung, aus der heraus man schaut und auf andere Menschen zugeht, weil man sieht, dass in
ihnen etwas Zauberhaftes angelegt ist, was aber noch gar nicht so richtig herausgekommen ist.
Und dass man ihnen hilft, vielleicht die Türen zu öffnen, damit dieses Zauberhafte, man könnte
auch sagen ein Talent oder eine Begabung und ein noch nicht entfaltetes Potenzial, sich
plötzlich entfalten kann.
Das ist Liebe. Liebe ist die Kraft, die sozusagen diese Entfaltung wirklich macht. Und die hat die
Form einer besonderen Art von Umgang miteinander. Und das nenne ich dann einfach jetzt
Subjekt-Subjekt-Begegnung.
Es hört sich furchtbar trocken an, aber es hat den Vorteil, dass ich dann beschreiben kann, was
im Gehirn dieser Subjekte vor sich geht, im Gegensatz zu dem, was im Gehirn eines Objekts
vor sich geht.
Wenn jemand plötzlich zum Objekt gemacht wird, dann gibt es ja genügend Untersuchungen
inzwischen, die das zeigen, dass das weh tut. Und das ist kein Witz, sondern wenn ich aus
einer Gemeinschaft ausgeschlossen werde, wenn ich gemobbt werde, wenn ich gedisst werde
oder wie das heutzutage alles so heißt, und ich erleben muss, dass ich nicht mehr dazugehören
darf, weil andere mich zum Objekt ihrer negativen Bewertung machen,
dann gehen im Gehirn die gleichen Netzwerke an und werden aktiviert, die auch dann aktiviert
werden, wenn ich körperliche Schmerzen habe. Das heißt, das Gehirn benutzt zur
Signalisierung einer Beziehungsstörung im sozialen Bereich die gleichen Netzwerke, die es
auch benutzt, um eine Beziehungsstörung auf der Ebene des körperlichen zu signalisieren.
Das ist ja auch sehr sinnvoll, dass das Gehirn das so macht, aber es macht uns dann nochmal
deutlich, dass wir, sagen wir mal, gehirntechnisch auf diese sozialen Erfahrungsräume und
dieses soziale Miteinander mindestens genauso sehr angewiesen sind wie auf den Körper.
Also wir brauchen ein funktionierendes Sozialgebilde, manche sagen auch einen
funktionierenden sozialen Körper, genauso sehr wie einen funktionierenden individuellen
physiologischen Körper. Und da bin ich der festen Überzeugung, dass wir im Augenblick kein
gut funktionierendes soziales Gebilde haben und dass man das noch nicht einmal einen Körper
nennen kann.
Denn nach dem zweiten Weltkrieg haben sich Denkmuster herausgebildet, die nie wieder von
so etwas wie Volkskörper sprechen wollen. Das finde ich auch total richtig, weil das war der
Missbrauch von Bedürfnissen von Menschen, die dann in solchen Ideologien gesammelt
worden sind und denen das Versprechen gemacht wurde oder denen suggeriert wurde, dass sie
in einer Gemeinschaft aufgehoben und geschützt und bewahrt sind.
Solche Gemeinschaften, und das muss man eben in aller Deutlichkeit nochmal hervorheben,
solche Gemeinschaften sind keine Potenzialentfaltungsgemeinschaften, die sind das Gegenteil
davon, weil Potenzialentfaltung immer nur mit und über die anderen möglich wird.
Und in dem Augenblick, wo ich eine Gemeinschaft bilde und diese Gemeinschaft sich von
anderen abgrenzt, die außerhalb dieser Gemeinschaft sind oder wie bei den Nazis sogar die
anderen überfallen und sie umbringen, dann kann ich nicht davon reden, dass ich Potenziale
entfalten kann, weil ich mich ja sozusagen der ganzen Möglichkeiten beraube, von denen zu
lernen, die ich umgebracht habe oder mit denen ich nichts zu tun haben will.
Und deshalb gibt es auch für solche Gemeinschaften keine Potenzialentfaltung, das sind
Schmarotzergemeinschaften, die auf Kosten von anderen versuchen, sich selbst ein schönes
Leben zu machen. Wieder Objektbenutzung.

Sie benutzen die anderen als Objekt, diesmal heißt das Feind, und klauen ihnen so viel sie
können, damit es ihnen richtig gut geht. Und wer das für eine gute Strategie hält, der irrt sich
eben.
Das mag wohl bequem sein, aber das führt nicht zu einer Weiterentwicklung. Und das muss
man vielleicht dann an der Stelle auch nochmal sagen, das Leben haben wir nicht deshalb
geschenkt bekommen, damit wir es uns bequem machen.
Sondern die Aufgabe von uns Menschen in diesem Leben ist, also ich würde sagen, die
Aufgabe gibt es da nicht, aber es wäre schon gut, wenn man am Ende des Lebens sagen kann,
dass man auf dieser Erde nicht bewusstlos herumgetappt ist.
Glaubst du, dass Evolution das Bewusstsein in eine Richtung lenkt? Ja, klar. Klar, das weiß ich
nicht nur, sondern da spricht ja eigentlich alles dafür. Es gibt ja diese von den Astrophysikern
gewonnenen Ergebnisse, dass die gesamte Entwicklung des Universums im Grunde
genommen einem Prinzip folgt, und das Prinzip heißt, Erweiterung von Möglichkeitsräumen.
Wahnsinn, kann sich keiner was drunter vorstellen. Nebenbei gesagt, das ist auch
Potenzialentfaltung. Dazu braucht man ja diese Möglichkeitsräume und es heißt nur, dass,
wenn zum Beispiel das Wasserstoffmolekül oder das Helium entstanden ist, dass wenn die
dann wieder sich noch weiter mit anderen Molekülen und Neutronen und Elektronen
zusammentun und etwas weiter verschmilzen, dass daraus komplexere Moleküle entstehen, die
mehr Möglichkeitsräume eröffnen. Und dass organische Verbindungen, die dann entstehen,
mehr Möglichkeitsräume bieten als anorganische. Und am Ende dieser langen Entwicklung
steht dann die Entwicklung des Lebens.
Die lebendige Form, die sich selbst erhalten kann, hat mehr Möglichkeitsräume, die Welt zu
gestalten als ein Stein, der da immer liegen muss, wo er einmal hingefallen ist. Und wenn man
die Welt gestalten will, dann geht das nur, indem man etwas über die Welt erfährt.
Das heißt, man muss lernen, wie die Welt beschaffen ist, und dann kommt irgendwann, ob sie
das wollen oder nicht, diese Lebewesen, die Formen entwickeln, die immer besser sind in der
Fähigkeit zu erfassen, wie die Welt beschaffen ist, könnte man sagen.
Noch auf einer völlig unbewussten Stufe in der Pflanzenwelt, bei den Pflanzen sieht man das
so: Die Sonnenblumen drehen ihr Gesicht den ganzen Tag mit der Sonne. Toll, die haben
verstanden, worauf es ankommt, und machen das auch.
Und dann kommen die ersten Formen, die nun nicht darauf warten, dass die Sonne aufgeht,
sondern die machen dann Feuer und erfinden die Elektrizität und setzen sich in geheizte
Räume. Und das wären diejenigen, die die ersten sind, die darüber nachdenken könnten, was
sie eigentlich tun und in welcher Welt sie eigentlich leben.
Und wie sie ihr Leben eigentlich gestalten wollen, weil das kann die Sonnenblume noch nicht.
Und die Tiere, aus denen wir dann hervorgegangen sind, können das auch nicht. Also läuft doch
das Ganze auf immer größere Lernfähigkeit, auf
immer größere Erkenntnis über die Welt hinaus und mündet deshalb, ob man das will oder
nicht, darin, dass man sich selbst und seine eigene Rolle in dieser Welt bewusst wird. Darum
geht es. Und wenn man das geschafft hat, dann hätte man plötzlich unendlich viele
Möglichkeiten auf dieser Welt.
Vorher bin ich ja immer ein Gefangener entweder meiner blöden Vorstellung, so richtig ich die
auch gerade finden möchte, aber ich bleibe ein Gefangener meiner eigenen Vorstellung, weil ich
mir diese Vorstellung und deren Herkunft gar nicht selbstbewusst machen kann.
Die sitzen da oder noch schlimmer, ich bleibe ein Gefangener meiner Gefühle, die da aus dem
Bauch heraus immer irgendwas wollen und mich zu irgendwelchen Handlungen treiben, die ich

eigentlich gar nicht will.
Also zum Beispiel Einkaufen oder Fernsehen gucken oder Beischlaf haben oder was auch
immer da hochkommen mag. Das wäre schon schöner, wenn man das aus einer bewussten
Haltung heraus genießen könnte.
Und da hat der Marshall Rosenberg, das ist für mich einer der ganz großen spirituellen Lehrer,
auch wenn er mit Spiritualität gar nichts am Hut hatte, etwas Wunderbares gesagt. Er hat
gesagt, du kannst machen, was du willst, du musst nur wissen, was du tust.
Und das ist total geil. Das heißt ja, ich kann meine Frau schlagen. Wenn ich aber weiß, was ich
da tue, dann kann ich es nicht mehr. Das ist ja verrückt. Sobald es mir ins Bewusstsein geht,
was ich da tue, kann ich den Mist nicht mehr machen. Ich kann die Umwelt vergiften, klar. Aber
sobald ich weiß, was ich da tue, geht es nicht mehr. Das ist ein unglaublich großartiger Satz, der
uns in die eigene Verantwortung führt. Und das geht aber nur, wenn man weiß, was man tut.
Und da wäre hinzuzufügen, dass das mit dem Wissen eben möglicherweise nicht der richtige
Begriff ist, weil Wissen ist rein kognitiv, da kann man sonst was wissen und tut es trotzdem
nicht.
Erkenntnis ist schon ein ganz guter Begriff, aber es ist immer noch kognitiv. Und dann gibt es im
Deutschen noch einen differenzierteren Begriff, und den brauchen wir, glaube ich, hier bei der
Umsetzung dieses Satzes von Rosenberg, der heißt Verstehen.
Also, du kannst machen, was du willst, du musst nur verstehen, was du tust. Und bei dem
Verstehen ist es eben so, dass das nicht nur Wissen ist und nicht nur Erkenntnis, sondern dass
es auch Einfühlungsvermögen ist.
Das heißt, du musst es fühlen. Und erst dann wird das etwas, was deine Handlung wirklich
leitet. Und wenn du tief genug drin bist, dann wird das etwas, was du nur erkannt hast, nicht
genug. Du musst es verstanden haben.
Und das merkt man daran, dass man etwas, was man erkannt hat, nicht so gut jemand
anderem beschreiben kann. Wenn man es aber verstanden hat, kann man es auf einmal gut
beschreiben. Das weiß jeder, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem Erkennen und dem
Verstehen.
Und das macht dann auch Freude. Also, jemandem wie mir macht das richtig Freude, plötzlich
zu merken, welche subtilen Wahrnehmungen in unserer eigenen Sprache stecken. Das muss
man erstmal in solche Worte finden, erkennen und verstehen.
Erkennen heißt, das hat etwas mit meinen Sinnesorganen zu tun. Also offenbar kann ich mit
Hilfe der Wahrnehmung bestimmte Dinge erkennen. Verstehen hat etwas mit meinem Körper zu
tun, wie ich stehe. Das heißt, das ist eine körperliche Reaktion.
Und da ich weiß, dass jede körperliche Reaktion immer die Folge einer emotionalen Aktivierung
im Gehirn ist und dass das, was ich da als körperliche Reaktion wahrnehme, die Aktivierung
eines somatischen Markers ist, weiß ich, dass ich mit dem Gefühl dabei gewesen bin, wenn ich
etwas verstanden habe und nicht nur mit dem Kopf.
Das ist auch schon wieder genauso blöd, weil das Gefühl ist ja auch im Kopf, nicht im Herzen.
Wir experimentieren ja schon seit der Zeit von Descartes, und ich vermute, dass eigentlich fast
jeder, mit dem man darüber gesprochen hat, sagt: Ich fühle das, wenn ich mich gesehen fühle.
Also ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn ich mich gesehen fühle, und ich weiß, wie es sich
anfühlt, wenn ich mich nicht gesehen fühle. Es gibt also in uns zumindest ein unbewusstes
Wissen davon.

Die Buddhisten würden sagen, ich bin nicht mehr in der Gegenwart. Ich bin nicht mehr im Hier
und Jetzt. Oder Otto Scharmer würde sagen, das ist dieser Moment, wo ich nicht mehr präsent
bin.
Eigentlich bin ich weg, in meiner Vorstellung oder sonstwo gefangen, aber nicht hier im
Augenblick, im Hier und Jetzt. Und wenn so etwas passiert, dass man sozusagen nicht im Hier
und Jetzt ist, sondern gefangen in seinen eigenen Vorstellungen und Erwartungen oder was
auch immer, dann ist das wie ein Gefängnis, in dem man sich natürlich nicht entwickeln kann.
Da kann man nur lernen, wie man die Finger durch die Stäbe kriegt, dass einem da draußen
irgendwas gereicht wird oder so. Und dann ist man ein Gefangener in diesem Käfig und wenn
dann plötzlich so ein Mensch erleben darf, dass er in seiner ganzen Einzigartigkeit so, wie er ist,
angenommen wird.
Das ist so, als ob sie im Gehirn eine Tiefbohrung machen zu diesem Goldklumpen, der da aus
der frühen Entwicklung da unten liegt und dann braucht es auch kein Training oder irgendwas.
Das muss einmal richtig passieren und dann spürt er, es geht.
Und was da hirntechnisch passiert ist, dass er wieder verbunden wird mit dem, was
unterbrochen gewesen ist. Er kriegt wieder eine Leitung dorthin, die bis dahin blockiert gewesen
ist. Er kommt wieder in das alte Gefühl, dass plötzlich die Welt aufgeht.
Er muss sich nicht mehr vor allem schützen. Es ist so, als hätte jemand den Käfig aufgemacht
und dann fliegt er raus. Und da
braucht man sich nicht zu wundern, dass der abgeht wie eine Rakete. Aber es ist eben nicht so
einfach, dass jemand tatsächlich diesen Mut kriegt, diesen Käfig aufzumachen.
Es kann ja immer nur derjenige sein, der drin sitzt. Ich hoffe, dass es keinen einzigen Coach gibt
oder Berater, der glaubt, er könnte für den anderen den Käfig aufmachen. Sag mal, guck mal,
hier ist die Freiheit, ja hier.
Das nützt nichts. Ich kann den Käfig nur selber aufmachen. Das heißt, ich muss von meinen
eigenen blöden Vorstellungen runterkommen. Ich muss, wie die Buddhisten sagen, loslassen
können.
Loslassen können von Vorstellungen, an denen meine ganze Existenz hängt. Also meine
Existenz vielleicht nicht, aber mein Selbstbild. Das habe ich mir doch das ganze Leben mit so
viel Mühe zusammenkonstruiert, dass ich jetzt endlich ein Professor für Hirnforschung bin und
Bücher schreibe und kluge Reden halte.
Und was wäre denn, wenn ich plötzlich all das loslassen müsste? Was wäre denn dann noch
von mir übrig? Wenn man da nicht wirklich eine starke Persönlichkeit ist, ist man weg, wenn
man loslässt.
Da bleibt nichts mehr da. Und da haben die Leute Angst. Deshalb halten sie sich ja an diesem
ganzen Kram fest. Da sehe ich auch die große Falle in diesem ganzen Ratgeber- und
Coachbereich, dass wir nicht wissen, wer wir in der Tiefe sind, und deshalb einfach am Werk
zum Koffer festhalten.
Und dann natürlich rumoperieren müssen. Ja, wenn ich jetzt bei den Coaches wäre und sowas
machen würde, dann würde ich sagen, dann sag mir bitte, was die Tiefe ist. Ich würde mich
nicht mit solchen Floskeln zufriedengeben.
Ich würde da knallhart diese ganzen Begrifflichkeiten hinterfragen und würde dich zwingen, mir
eine Antwort zu geben, was du mit dieser Tiefe meinst. Und dann würdest du merken, dass du
anfängst, herumzueiern, kannst es nicht nennen, sprichst dann wieder in den nächsten wolkigen

und fluffigen Begriffen. Und dann würden wir miteinander ein sehr spannendes Gespräch
führen, das uns in die Tiefe bringt.
Wirklich dann. Und das kann dann passieren, dass wir irgendwo ankommen, wo wir dann
tatsächlich sagen können, was wir meinen. Wenn wir einem anderen Menschen helfen wollen,
in die Tiefe zu gehen. Was ich zum Beispiel damit meine, ist, wenn es mir gelingt, in die
Gespräche mit dir oder mit dem Klienten oder mit meiner Liebsten dieses Wissen loszulassen,
dann erlebe ich das, dann fühlt es sich anders an,
wenn ich gleichzeitig in mich eintauche. Und dann fühlt es sich anders an, wenn ich den
anderen nicht mehr sehe, also im Sinne von, ich sehe ihn nicht mehr fest in eine bestimmte
Richtung, sondern von ja zu staunen.
Und dann komme ich in den Raum des echten Nichtwissens. Und das sind die Momente, in
denen in meiner Arbeit etwas passiert, was ich Magie nenne. Dann passiert etwas, was nicht
nur den Klienten verwandelt, sondern auch mich verwandelt.
Dann kommen plötzlich Sachen heraus, die ich so gar nicht hätte planen können. Mein
spiritueller Lehrer, der hat auch einen buddhistischen Hintergrund, nennt das den stillen
Bergsee. Das ist eine Einladung, wenn du mit den Menschen sprichst, wirklich dein Wollen
loszulassen, wohin der andere sich entwickeln soll, was er machen soll, aber auch dein Wollen
dir gegenüber, was du jetzt…
Sondern dir wirklich zu erlauben, in ein klares Nichtwissen und offenes Bewusstsein
einzutauchen. Ja, das sind alles wunderbare Umschreibungen für etwas, was der Otto
Normalverbraucher einfach nicht versteht.
Da müssen wir auch so stehen lassen. Und das nützt dann auch nichts, dass ein paar
Eingeweihte wissen, wovon hier die Rede ist. Das heißt, wie kann ich jemandem, der in
Göttingen auf der Straße rumläuft, erklären, was das für ein klarer Bergsee sein soll, in den er
jetzt einsteigen soll?
Null, nichts. Also muss ich irgendwie eine Sprache finden und Möglichkeiten finden, dass der
überhaupt erst mal auf die Idee kommt, mich zu fragen. Ich müsste dem überhaupt erst mal
begegnen. Das wird natürlich nicht passieren, dass der zu mir kommt, in dieses wunderschöne
Büro von der Akademie für Potenzialentfaltung.
Also, der Weise muss schon, wenn man das schon so im Bild betrachten will, das heißt, ich
müsste dann… Ich müsste zu ihm gehen. Also, dann gehen wir nachher zusammen runter in die
Stadt. Weiß ich ja die Stellen, wo die…
Herumlungern, Burgstraße oder wie es hier heißt. Die sind zugekifft, die haben die Nase voll
von dieser Welt, die klauen alles, was sie kriegen können, weil sie mit nichts mehr verbunden
sind und auch keine Achtung mehr vor anderen Menschen haben, auch vor sich selbst nicht.
Das Einzige, was manchmal noch da ist, ist ein Hund. Das ist das letzte Stück Menschlichkeit,
dass sie noch sich um einen Hund kümmern. Und dann können wir uns gerade hinsetzen und
ihnen von der Tiefe reden und von der Klarheit.
Das geht nicht so. Das heißt, man muss über einen relativ langen Weg mit einem anderen
Menschen in so eine Begegnung kommen, dass der überhaupt zulässt, sich selbst für diese
Klarheit und diesen inneren Reichtum zu öffnen.
Aber ist das wirklich so ein langer Weg, weil ich habe schon oft Momente erfahren, also ich
würde mir zumindest nicht tot reden. Definitiv nicht. Aber was ich erfahren habe, ist, dass
Menschen instinktiv spüren, wenn sie wieder gesehen werden.

Also im Supermarkt ist es nicht immer der Kellner. Ja, der Begriff langer Weg ist auch nicht der
richtige. Das sollte eher bedeuten, es ist ein schwieriger Weg. Und dass es nicht sicher ist, also
ich wäre mir nicht sicher, ob es mir gelingt, so auf diese Person zuzugehen, dass er aufgeht.
Da braucht man schon ein bisschen etwas Übermenschliches. Wenn man einer sein will, der
das überall schafft. Ich kenne solche Menschen auch, die sind häufig in einem spirituellen oder
christlichen Hintergrund beheimatet und haben offenbar, das nennt ihr dann auch, diese
spirituelle Kraft oder diese Verbindung zu Gott.
Und fühlen sich eher als so eine Art Sprachrohr von dem, was sie da halten in der Welt. Und
das ist relativ interessant, weil da das Ego weg ist. Das heißt, die sind da ganz präsent, aber die
müssen ihr Ego nicht schützen, weil es durch sie durchfließt.
Und das könnte sein, dass das einer, der da auf der Straße sitzt, spürt. Dass er sieht, dass hier
einer ist, der nicht kommen und aufpassen muss, dass er morgen oder in einer halben Stunde
wieder als Professor irgendwo die richtige Rolle spielt.
Das ist dieses Bedingungslose, was Voraussetzung dafür ist, dass es überhaupt funktionieren
kann. Wenn ich etwas an Konditionen binde, dann komme ich auch wieder zurück in die
Schleife. Wenn ich etwas an Konditionen binde, dann mache ich den anderen zum Objekt, weil
ich erwarte von dem, dass er meine Bedingungen einhält.
Und die Bedingung kann ja einfach nur heißen, ich erwarte von dir, dass du meine
Vorstellungen teilst. Zack, schon habe ich ihn zum Objekt meiner Vorstellung gemacht. Dann
geht nichts mehr, dann gibt es keine Offenheit mehr und wenn wir sagen, dass es um die
Erweiterung des Möglichkeitsraumes geht, dann geht es um diese Öffnung für das, was die Welt
uns tatsächlich bietet.
Es geht um die Verbindung mit all denjenigen, mit denen wir sowieso verbunden sind und da
wird es jetzt richtig spannend. Wir kommen als Kinder mit dieser Verbundenheit auf die Welt,
aber das ist noch nicht das Menschliche, so kommt auch jedes Reh auf die Welt.
Die Menschlichkeit fängt dort an, wo wir uns dieser Verbundenheit bewusst werden. Und erst,
wenn wir uns dieser Verbundenheit bewusst werden, können wir sie auch schützen. Sonst
gleitet sie uns immer wieder aus den Händen.
Dem Reh kann das nicht passieren und dem Fuchs, weil die nicht darüber nachdenken können,
aber uns Menschen passiert das immer wieder. Dass uns die Verbundenheit, mit der wir auf die
Welt kommen, abhandenkommt. Wir sind mit den Pflanzen verbunden, wir sind mit der Natur
verbunden, mit dem Klima, natürlich mit anderen Menschen. Uns passiert es immer wieder,
dass wir diese Verbundenheit aus dem Blick verlieren und dann zerstören wir diese Welt,
weil wir uns nicht mehr um das kümmern, was wir nicht mehr sehen. Man kann sich ja nur um
das kümmern, mit dem man sich auch verbunden weiß. Das Paradies ist sicherlich das, was die
Menschen an Vorstellungen entwickelt haben, von einer Welt, die diesen Möglichkeitsraum ganz
weit aufgespannt hat.
Dann wird es schon wieder schwierig, weil man dann in den verschiedenen Weltreligionen sieht,
was sie sich in ihrem Kulturkreis unter diesem großen Möglichkeitsraum vorgestellt haben.
Und 150 Jungfrauen sind es sicherlich nicht. Und ein alter Opa, der da mit einem Bart sitzt und
wartet, dass ich komme und dann über mich richtet, wird es wohl auch nicht sein. Also das sind
kulturell geprägte Vorstellungen von diesem Möglichkeitsraum.
Und da wird es spannend, weil in dem Augenblick, wo man sich eine Vorstellung davon macht
und die auch noch weitergibt, macht man selbst diesen Möglichkeitsraum zum Objekt. Und
damit ist er tot.

Das ist möglicherweise der Grund, weshalb in manchen Religionen keine Bilder verwendet
werden dürfen. Und zweitens auch dieses
große, was diesen Möglichkeitsraum aufspannt, zu dem wir Gott sagen, dass die vermeiden, es
zu benennen.
Das ist richtig spannend. Die haben da irgendwie ein bisschen mehr verstanden. Sobald man es
nennt, ist es futsch. Also, sobald man es in eine Vorstellung packt, ist es nicht mehr das, was es
gewesen ist.
Jetzt haben wir eine große Herausforderung. Wir sind ja quasi in einer, um noch den ersten
Zyklus abzuschließen. Wir sind ja in einer Gesellschaft, die uns dazu zwingt, Bescheid zu
wissen, alles in Konzepte zu packen.
Ich möchte gerne nochmal den Bogen schließen, weil für mich ist nochmal wichtig zu betonen,
all die Phänomene, was weiß ich, die Erziehung, das Militär, die Leistungsgesellschaft. Wenn
ich mit Menschen spreche, höre ich oft so den Ton:
Das ist falsch, das sind Fehler, das ist schief gegangen. Aber für mich das Fazit aus diesem
ersten Zyklus ist, das sind Symptome unserer gegenwärtigen Entwicklungsstufe. Das muss
nicht wahnsinnig was Neues sein, aber es muss sich etwas Neues anbauen.
Es ist ganz sicher so, dass alles, was sich bisher auf dieser Erde abgespielt hat, notwendig war,
damit das andere kommen kann. Wir sind als Menschen suchende Wesen. Das heißt, wir haben
nicht wie das Reh und der Fuchs oder irgendwelche Spinnentiere oder Fische.
Wir haben keine festen Muster im Kopf, die uns sagen, wie wir uns verhalten müssen, damit es
funktioniert. Wir müssen das alles erst selbst herausfinden. Die Tiere haben es viel einfacher.
Die können sich darauf verlassen, was funktioniert.
Die müssen vielleicht noch lernen, ob man über Spanien oder über Gibraltar nach Afrika fliegt.
Aber der Drang zu diesem Fliegen, das Fliegen an sich, das können die alles von allein. Da
brauchen sie keine großen Vorstellungen zu entwickeln.
Wir Menschen müssen erst unseren Weg suchen, weil wir keine genetischen Programme mehr
haben, die uns lenken. Weil wir keine Instinkte haben und keine Triebe, die uns auf die Spur
schicken. Gott sei Dank. Es ist absurd, dass wir im vergangenen Jahrhundert noch damit
herumgelaufen sind, dass wir uns selbstverständlich zu Triebobjekten machen wollten.
Dass das genetische Programme sein sollten, die uns da führen, die führen uns überhaupt
nicht, wir müssen selber herausfinden, wie es geht. Und wir können es natürlich nur dadurch
tun, dass wir es ausprobieren.
Und dass man da von so in Richtung rennt, wo man viel zu spät merkt, dass das der falsche
Weg war, das ist unvermeidlich bei einem, der sucht. Und der das Leben lang immer wieder
lernen muss, wie es geht.
Und das gilt uns dann individuell so. Jeder von uns ist schon in Richtungen gerannt und hat erst
Jahre später gemerkt, dass das verkehrt war. Und trotzdem wird man heute sagen, ja, es war
notwendig, dass ich auch dieses Elend mit mir selbst habe geschehen lassen, sonst wäre ich
nicht aufgewacht.
Das gilt jetzt eben auch für dieses Elend, was man Menschheitsentwicklung nennt. Auch da
muss man wahrscheinlich durch so etwas durch, wie das, was wir im letzten Jahrhundert
erleben mussten, um überhaupt zu einer Erkenntnis zu kommen.

Und zu dem Bewusstsein zu kommen, wie wir anders und dann auf eine andere Art und Weise
miteinander leben wollen, auf dieser Welt. Also mein ganz verlockender Spruch: Die Scheiße
von gestern ist der Mist von morgen für das Wachstum.
Es ist gut, dass es einmal passiert ist, und wir müssen es nicht nochmal machen. Und das,
worüber ich dann bisweilen traurig bin, ist, dass es Menschen gibt und offenbar auch
Gesellschaften. Also auch gerade in unserem Kulturkreis entstehen immer wieder Situationen,
wo man sich fragt, sind die nicht in der Lage, aus dem, was sie da schon dreimal falsch
gemacht haben, zu lernen.
Der heiratet ja immer wieder eine neue Frau, dann hat er schon die vierte und macht immer
wieder dasselbe. Und deshalb funktioniert es auch beim vierten Mal nicht. Und andere
versuchen immer wieder auf dieselbe Weise, irgendwas zu lösen.
Man müsste doch einfach den mal nicht aufgehen, denke ich dann immer. Und so geht es
offenbar auch gesamtgesellschaftlich. Es wird immer wieder auf dieselbe Weise versucht, das
Problem zu lösen. Und die Antwort, die sich dahinter verbirgt, ist, darüber müssten wir dann
auch nochmal extra reden, die Tatsache, dass wir Angst haben.
Angst vor dem, was kommt, wenn wir nicht mehr alles unter Kontrolle haben. Wenn wir es nicht
mehr beherrschen. Die Angst davor, loszulassen. Eigentlich, wenn man es ganz böse sagt, die
Angst vor der Freiheit.
Wir reden alle über Freiheit, aber das ist das, was uns am meisten Angst macht. Weil dann hätte
ich niemanden mehr, den ich dafür verantwortlich machen kann, dass ich meinen Weg nicht
gefunden habe.
Das war ein Kapitel aus dem Podcast Seelengevögelt – Die Rebellen des Geistes von Veit
Lindau. Ich würde mich sehr freuen, wenn du meinen Podcast abonnierst und mir die
Möglichkeit gibst, in deinem Leben einen kleinen, guten Unterschied zu bewirken.

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